I. Allgemeines
In der Praxis spielen im verkehrsrechtlichen Mandat die mit einer Trunkenheitsfahrt nach § 24a Abs. 1 StVG zusammenhängenden Fragen eine große Rolle. Daher ist es eine wichtige Aufgabe des Verteidigers, im Fall der Verurteilung des Mandanten auf "Schwach- bzw. Angriffspunkte" im Urteil des Amtsrichters zu achten. Auf den einen oder anderen Punkt, auf den der Verteidiger besonders achten muss, soll dieser Beitrag hinweisen. Dabei wird das "Prüfungsschema" eingehalten, welches der Verfasser als Rechtsbeschwerderichter verwendet hat. Legt man dies zugrunde, kann nichts übersehen werden. Das gilt auch schon für die Zeit des laufenden Verfahrens, da sich aus diesen Punkten immer auch Verteidigungsansätze ableiten lassen.
Hinweis:
Auch die "Trunkenheitsfahrt" nach § 24a Abs. 1 StVG kann zu Maßnahmen der Fahrerlaubnisbehörde nach der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) führen (vgl. dazu Ludovisy, in: Ludovisy/Eggert/Burhoff, Praxis des Straßenverkehrs, 6. Aufl. 2015, § 7 Rn 280 ff. [im Folgenden: Ludovisy/Eggert/Burhoff/Bearbeiter]). Die Vorschrift des § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV muss der Verteidiger bei einem Mandat wegen eines Verstoßes gegen § 24a Abs. 1 StVG im Auge behalten und beachten (zu den Auswirkungen von Drogenkonsum aus fahrerlaubnisrechtlicher Sicht s. Kalus, in: Burhoff/Kotz [Hrsg.], Handbuch für die strafrechtliche Nachsorge, 2016, Teil H Rn 522 ff.; Wandt/van Ofen VRR 2009, 412).
II. Objektiver Tatbestand des § 24a Abs. 1 StVG
In einem wegen eines Verstoßes gegen § 24a Abs. 1 StVG verurteilendem Urteil müssen folgende Tatbestandsmerkmale durch tatsächliche Feststellungen belegt sein: öffentlicher Straßenverkehr (vgl. dazu II. 1.), Führen eines Kraftfahrzeuges (vgl. dazu II. 2.) und Überschreiten eines der Grenzwerte (vgl. dazu II. 3.; zu allem auch Burhoff, in: Burhoff [Hrsg.], Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 4. Aufl. 2015, Rn 3831 ff. [im Folgenden kurz: Burhoff/Burhoff, OWi]).
1. Begriff des öffentlichen Straßenverkehrs
Was unter dem Begriff des öffentlichen Straßenverkehrs zu verstehen ist, ergibt sich aus § 1 StVG bzw. § 1 StVO. Der Begriff des Straßenverkehrs im Sinne der StVG entspricht damit dem der StVO und der StVZO, aber auch dem des StGB. Er bezieht sich auf also Vorgänge im öffentlichen Verkehrsraum.
Es muss sich um Straßenverkehr handeln. Andere Verkehrsarten (vgl. dazu z.B. den Klammervermerk in § 316 StGB und die §§ 315 ff. StGB) scheiden für eine Verurteilung nach § 24a Abs. 1 StVG aus. Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Verkehrsraum dann öffentlich, wenn er entweder ausdrücklich oder mit stillschweigender Duldung des Verfügungsberechtigten für jedermann oder aber zumindest für eine allgemein bestimmte größere Personengruppe zur Benutzung zugelassen ist und auch so benutzt wird (st. Rspr. des BGH, vgl. u.a. BGHSt 16, 7, 9 f.; BGH NJW 2004, 1965 = DAR 2004, 399 m.w.N.; DAR 2004, 529; DAR 2012, 389 = VRR 2012, 32 = StRR 2012, 68; zfs 2013, 528 = VRR 2013, 148 m. Anm. Deutscher; eingehend Burhoff/Burhoff, OWi, Rn 3837 ff. m.w.N.; Deutscher VRR 2005, 88; Burhoff VA 2015, 142; Ludovisy/Eggert/Burhoff/Burhoff, § 4 Rn 102 ff.).
Für die Beurteilung, ob eine auf einem Betriebsgelände gelegene Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehrsraum zuzurechnen ist, kommt den äußeren Gegebenheiten, die einen Rückschluss auf das Vorhandensein und den Umfang der Gestattung bzw. Duldung des allgemeinen Verkehrs durch den Verfügungsberechtigten zulassen, maßgebliche Bedeutung zu (BGH NJW 2004, 1965 = DAR 2004, 399; DAR 2012, 389 = VRR 2012, 32 = StRR 2012, 68; zfs 2013, 528 = VRR 2013, 148 m. Anm. Deutscher; vgl. wegen der Einzelheiten Ludovisy/Eggert/Burhoff/Burhoff, § 4 Rn 104 ff. m.w.N.). Entscheidend ist, wie eng der Kreis der Berechtigten umschrieben ist (vgl. dazu die Nachweise bei Burhoff/Burhoff, OWi, Rn 3840, und die Beispiele bei Rn 3842 f. sowie die Zusammenstellung der Rechtsprechung bei Deutscher VRR 2005, 91 ff. und bei Burhoff VA 2015, 142).
Hinweise:
Der Verteidiger muss folgende Kontrollfrage stellen: Ist der Raum, in dem sich die Tat abgespielt haben soll, der Allgemeinheit zugänglich, d.h., kann er von einem zufälligen Personenkreis genutzt werden? Ist diese Frage zu bejahen, handelt es sich um einen "öffentlichen" Verkehrsraum, anderenfalls ist das nicht der Fall (BGH NJW 2004, 1965; DAR 2004, 529; vgl. dazu Deutscher VRR 2005, 88 ff.).
Zu den Umständen, die die Einordnung ermöglichen, müssen im tatrichterlichen Urteil tatsächliche Feststellungen getroffen werden (vgl. BGH NJW 2004, 1965; zfs 2013, 528 = VRR 2013, 148 m. Anm. Deutscher; KG VRR 2009, 30; = StRR 2009, 232; OLG Hamm zfs 2008, 351 = VRR 2008, 230; Beschl. v. 15. 9. 2016 – 4 RVs 107/16, StRR 12/2016, 18 [Bordellparkplatz]).
Es ist zudem darauf zu achten, dass der Begriff der "Öffentlichkeit" auch eine zeitliche Komponente hat. So können bestimmte Bereiche zeitweilig öffentlich, zu anderen Zeiten aber nicht öffentlich sein (vgl. BGH zfs 2013, 528 = VRR 2013, 148 m. Anm. Deutscher für Schließung einer Parkplatzschranke; KG a.a.O.; OLG Hamm VRR 2009, 429 jeweils für [Kunden-]Parkplätze).
2. Führen eines Kraftfahrzeugs
a) Begriff des Kraftfahrzeugs
Kraftfahrzeuge sind na...