In einem wegen eines Verstoßes gegen § 24a Abs. 1 StVG verurteilendem Urteil müssen folgende Tatbestandsmerkmale durch tatsächliche Feststellungen belegt sein: öffentlicher Straßenverkehr (vgl. dazu II. 1.), Führen eines Kraftfahrzeuges (vgl. dazu II. 2.) und Überschreiten eines der Grenzwerte (vgl. dazu II. 3.; zu allem auch Burhoff, in: Burhoff [Hrsg.], Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 4. Aufl. 2015, Rn 3831 ff. [im Folgenden kurz: Burhoff/Burhoff, OWi]).
1. Begriff des öffentlichen Straßenverkehrs
Was unter dem Begriff des öffentlichen Straßenverkehrs zu verstehen ist, ergibt sich aus § 1 StVG bzw. § 1 StVO. Der Begriff des Straßenverkehrs im Sinne der StVG entspricht damit dem der StVO und der StVZO, aber auch dem des StGB. Er bezieht sich auf also Vorgänge im öffentlichen Verkehrsraum.
Es muss sich um Straßenverkehr handeln. Andere Verkehrsarten (vgl. dazu z.B. den Klammervermerk in § 316 StGB und die §§ 315 ff. StGB) scheiden für eine Verurteilung nach § 24a Abs. 1 StVG aus. Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Verkehrsraum dann öffentlich, wenn er entweder ausdrücklich oder mit stillschweigender Duldung des Verfügungsberechtigten für jedermann oder aber zumindest für eine allgemein bestimmte größere Personengruppe zur Benutzung zugelassen ist und auch so benutzt wird (st. Rspr. des BGH, vgl. u.a. BGHSt 16, 7, 9 f.; BGH NJW 2004, 1965 = DAR 2004, 399 m.w.N.; DAR 2004, 529; DAR 2012, 389 = VRR 2012, 32 = StRR 2012, 68; zfs 2013, 528 = VRR 2013, 148 m. Anm. Deutscher; eingehend Burhoff/Burhoff, OWi, Rn 3837 ff. m.w.N.; Deutscher VRR 2005, 88; Burhoff VA 2015, 142; Ludovisy/Eggert/Burhoff/Burhoff, § 4 Rn 102 ff.).
Für die Beurteilung, ob eine auf einem Betriebsgelände gelegene Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehrsraum zuzurechnen ist, kommt den äußeren Gegebenheiten, die einen Rückschluss auf das Vorhandensein und den Umfang der Gestattung bzw. Duldung des allgemeinen Verkehrs durch den Verfügungsberechtigten zulassen, maßgebliche Bedeutung zu (BGH NJW 2004, 1965 = DAR 2004, 399; DAR 2012, 389 = VRR 2012, 32 = StRR 2012, 68; zfs 2013, 528 = VRR 2013, 148 m. Anm. Deutscher; vgl. wegen der Einzelheiten Ludovisy/Eggert/Burhoff/Burhoff, § 4 Rn 104 ff. m.w.N.). Entscheidend ist, wie eng der Kreis der Berechtigten umschrieben ist (vgl. dazu die Nachweise bei Burhoff/Burhoff, OWi, Rn 3840, und die Beispiele bei Rn 3842 f. sowie die Zusammenstellung der Rechtsprechung bei Deutscher VRR 2005, 91 ff. und bei Burhoff VA 2015, 142).
Hinweise:
Der Verteidiger muss folgende Kontrollfrage stellen: Ist der Raum, in dem sich die Tat abgespielt haben soll, der Allgemeinheit zugänglich, d.h., kann er von einem zufälligen Personenkreis genutzt werden? Ist diese Frage zu bejahen, handelt es sich um einen "öffentlichen" Verkehrsraum, anderenfalls ist das nicht der Fall (BGH NJW 2004, 1965; DAR 2004, 529; vgl. dazu Deutscher VRR 2005, 88 ff.).
Zu den Umständen, die die Einordnung ermöglichen, müssen im tatrichterlichen Urteil tatsächliche Feststellungen getroffen werden (vgl. BGH NJW 2004, 1965; zfs 2013, 528 = VRR 2013, 148 m. Anm. Deutscher; KG VRR 2009, 30; = StRR 2009, 232; OLG Hamm zfs 2008, 351 = VRR 2008, 230; Beschl. v. 15. 9. 2016 – 4 RVs 107/16, StRR 12/2016, 18 [Bordellparkplatz]).
Es ist zudem darauf zu achten, dass der Begriff der "Öffentlichkeit" auch eine zeitliche Komponente hat. So können bestimmte Bereiche zeitweilig öffentlich, zu anderen Zeiten aber nicht öffentlich sein (vgl. BGH zfs 2013, 528 = VRR 2013, 148 m. Anm. Deutscher für Schließung einer Parkplatzschranke; KG a.a.O.; OLG Hamm VRR 2009, 429 jeweils für [Kunden-]Parkplätze).
2. Führen eines Kraftfahrzeugs
a) Begriff des Kraftfahrzeugs
Kraftfahrzeuge sind nach § 1 Abs. 2 StVG Landfahrzeuge, die durch Maschinenkraft bewegt werden, ohne an Bahngleise gebunden zu sein (vgl. zuletzt eingehend OLG Nürnberg DAR 2011, 153 = zfs 2011, 228 = VRR 2011, 111). Das sind neben den Kraftfahrzeugen im engeren Sinne, wie z.B. Pkw oder Lkw, auch ein Motorrad oder Moped. Nach dieser eindeutigen Definition ist also ein Moped oder ein Leichtmofa erfasst (OLG Düsseldorf VRS 92, 266; OLG Frankfurt NJW 1976, 1161), nicht hingegen ein Fahrrad. Auch motorgetriebene Krankenfahrstühle werden als Kraftfahrzeug angesehen (BayObLG DAR 2000, 532; OLG Nürnberg a.a.O.). Ebenso Arbeitsmaschinen, wie z.B. Bagger (OLG Hamm VRS 51, 300). Entsprechendes gilt für das sog. Pocketbike (vgl. OLG Dresden NStZ-RR 2013, 356 [Ls.] = VRR 2014, 27 m.w.N.; Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 23. Aufl., § 1 StVG Rn 8; Ternig zfs 2006, 666). Nicht abschließend geklärt ist die Einordnung von Elektrofahrrädern/Pedelec (vgl. dazu König, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl. 2015, § 1 StVG Rn 3), wobei sich die Problematik allerdings durch die Einfügung des § 1 Abs. 3 StVG aufgrund des Gesetzes zur Änderung des Güterkraftverkehrsgesetzes und anderer Gesetze vom 17.6.2013 (BGBl I, S. 1558) entschärft hat (vgl. dazu Ternig zfs 2014, 244). Bei E-Bikes muss die Klassifizierung nach den in der jeweiligen Fahrzeuggenehmigung ausgewiesenen technischen Kenngrößen ...