Da zu erwarten steht, dass der Verkäufer infolge der Neuregelung des § 439 Abs. 3 S. 1 BGB (unter IV.) künftig sehr viel häufiger auf Ersatz der Aus- und Einbaukosten durch den Käufer in Anspruch genommen werden wird (Ansprüche, die von erheblichem Umfang sein können), hat der Gesetzgeber mit den §§ 445a und b BGB versucht, einen Ausgleich für die ausgeweitete Mängelhaftung zugunsten des Verkäufers zu schaffen.
So wurden auch die Regressvorschriften zugunsten des Verkäufers ausgeweitet (RegE, BT-Drucks 18/8486, S. 41): Da Mängel an verkauften Sachen oft auf Fehler zurückzuführen sind, die im Rahmen der Herstellung oder durch eine unsachgemäße Aufbewahrung bei Zwischenhändlern oder Lieferanten verursacht worden sind, sollen sowohl der Letztverkäufer als auch die Zwischenhändler die Aufwendungen, die ihnen im Rahmen der Erfüllung ihrer Nacherfüllungspflichten entstehen, im Regresswege in der Lieferkette besser durchsetzen und sie möglichst bis zum Verursacher des Mangels weiterreichen können (RegE, BT-Drucks 18/8486, S. 41).
1. Rückgriff gegen den Lieferanten (§ 445a Abs. 1 BGB)
Der Verkäufer kann beim Verkauf einer neu hergestellten Sache von dem Verkäufer, der ihm die Sache verkauft hatte (Legaldefinition des Lieferanten), nach § 445a Abs. 1 BGB Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er im Verhältnis zum Käufer nach § 439 Abs. 2 und 3 sowie gem. § 475 Abs. 4 und 6 BGB zu tragen hatte, wenn der vom Käufer geltend gemachte Mangel bereits beim Übergang der Gefahr auf den Verkäufer vorhanden war (Regressanspruch auf Aufwendungsersatz).
Hinweis:
§ 445a Abs. 1 BGB entspricht inhaltlich der Rückgriffsregelung des § 478 Abs. 2 BGB a.F. beim Verbrauchsgüterkauf, wobei die Legaldefinition in § 478 Abs. 1 BGB a.F. ergänzt worden ist (RegE, BT-Drucks 18/8486, S. 41). Der beschränkte Anwendungsbereich der Altregelung auf den Verbrauchsgüterkauf wird auf alle Kaufverträge, die neu hergestellte Sachen zum Gegenstand haben, ausgeweitet.
Der (Letzt-)Verkäufer, der vom Käufer im Wege der Nacherfüllung in Anspruch genommen wird, hat – unter den o.g. Voraussetzungen – gegen seinen Lieferanten einen Anspruch auf Ersatz der Nacherfüllungsaufwendungen.
§ 445a Abs. 1 BGB ist eine eigenständige Anspruchsgrundlage und statuiert einen selbstständigen Regressanspruch, der – unabhängig vom sonst zu beachtenden Vorrang der Nacherfüllung – nun auch dann besteht, wenn es sich beim letzten Kaufvertrag in der Lieferkette um einen solchen zwischen zwei Unternehmern (b2b) handelt (RegE, BT-Drucks 18/8486, S. 41).
Das Tatbestandsmerkmal "zu tragen hatte" setzt (wie in der Altregelung des § 478 Abs. 2 BGB) voraus, dass der (Letzt-)Verkäufer seinerseits zur Nacherfüllung verpflichtet gewesen sein muss und dass ihm auch kein Leistungsverweigerungsrecht gegenüber dem (Letzt-)Käufer zustand (RegE, BT-Drucks 18/8486, S. 41):
Beispiel:
Der Lieferant kann daher dem Rückgriffsanspruch ggf. entgegenhalten, dass der (Letzt-)Verkäufer von einer an sich gegebenen Möglichkeit abgesehen hat, die Nacherfüllung wegen Unverhältnismäßigkeit nach § 439 Abs. 4 BGB zu verweigern oder gegenüber einem (Letzt-)Käufer, der Verbraucher ist, den Aufwendungsersatz nach § 475 Abs. 4 BGB auf einen "angemessenen Betrag" zu beschränken.
2. Entbehrlichkeit einer Fristsetzung beim Regress (§ 445a Abs. 2 BGB)
Für die in § 437 BGB bezeichneten Rechte des Verkäufers gegen seinen Lieferanten bedarf es wegen des vom Käufer geltend gemachten Mangels nach § 445a Abs. 2 BGB der sonst erforderlichen Fristsetzung nicht, wenn der Verkäufer die verkaufte neu hergestellte Sache als Folge ihrer Mangelhaftigkeit zurücknehmen musste oder der Käufer den Kaufpreis gemindert hat.
Hinweis:
§ 445a Abs. 2 BGB entspricht im Wesentlichen der Altregelung des Verbrauchsgüterkaufs (b2c) in § 478 Abs. 1 BGB. Die Neuregelung erfasst jetzt auch Kaufverträge zwischen Unternehmern (b2b).
§ 445a Abs. 2 BGB modifiziert verschiedene Regelungen des Gewährleistungsrechts: Für die in § 437 BGB bezeichneten Rechte des Verkäufers gegen seinen Lieferanten bedarf es wegen des vom Käufer geltend gemachten Mangels der ansonsten – nach den §§ 323 Abs. 1, 441 Abs. 1 bzw. § 281 Abs. 1 BGB – erforderlichen Fristsetzung für Rücktritt, Minderung oder Schadensersatz statt der Leistung nicht, da es sich um einen unselbstständigen Regress handelt (RegE, BT-Drucks 18/8486, S. 42): "Dem Rückgriff des (Letzt-)Verkäufers dienen in erster Linie seine allgemeinen kaufrechtlichen Rechte und Ansprüche nach § 437 Nr. 1 bis 3 BGB, deren Bestehen § 445a Abs. 2 BGB im Übrigen, d.h. abgesehen von dem Erfordernis einer fruchtlosen Fristsetzung, voraussetzt".
3. Lieferkette
Nach § 445a Abs. 3 BGB – entsprechend der Altregelung des § 478 Abs. 5 BGB – finden § 445a Abs. 1 (s. oben V. 1.) und § 445a Abs. 2 BGB (V. 2.) auf die Ansprüche des Lieferanten und der übrigen Käufer in der Lieferkette gegen den jeweiligen Verkäufer entsprechende Anwendung, wenn der Schuldner Unternehmer ist.
Hinweis:
Die Vorgaben über den Verkäuferregress nach § 445a Abs. 1 und 2 BGB gelten damit entsprechend in der gesamten Lieferkette – sofern die Parteien des jeweils in Rede stehenden Kaufvertrags nur Unternehmer i.S.v. §...