Soweit der vom Anwalt vertretene Beteiligte am gesamten Prozessstoff beteiligt ist, gilt der vom Gericht festgesetzte Wert auch für ihn (§§ 23 Abs. 1 S. 1, 32 Abs. 1 RVG). Eine gesonderte Wertfestsetzung nach § 33 RVG kommt dann nicht in Betracht.
Beispiel 25: Wertfestsetzung (I)
Der Anwalt vertritt seinen Mandanten im Erbscheinsverfahren mit dem Antrag, ihm einen Erbschein zu erteilen, der ihn als Alleinerbe ausweisen soll. Das Gericht setzt den Geschäftswert auf 100.000 EUR fest.
Da für den Anwalt der volle Wert des Verfahrens gilt (§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG, § 40 Abs. 1 GNotKG), greift die Bindungswirkung des § 32 Abs. 1 RVG, so dass eine gesonderte Wertfestsetzung nach § 33 RVG nicht zulässig ist. Der Anwalt muss seine Rechte im Verfahren nach den §§ 79, 83 GNotKG suchen (§ 32 Abs. 2 RVG).
Soweit der Anwalt dagegen einen Mandanten vertritt, der nicht am gesamten Verfahrensgegenstand beteiligt ist, ist der für ihn (anteilige) Wert im Verfahren nach § 33 RVG auf Antrag des Mandanten oder des Anwalts gesondert festzusetzen (OLG Bremen AGS 2012, 304 = FamRZ 2012, 1584; Notariat Mannheim AGS 2011, 304 = NJW-Spezial 2011, 317).
Beispiel 26: Wertfestsetzung (II)
A beantragt die Erteilung eines Erbscheins, der ihn als Alleinerbe ausweisen soll. Der anwaltlich vertretene B tritt dem entgegen; er ist der Auffassung, dass er und A zu je ½ Erben seien und beantragt, den Erbschein mit dieser Maßgabe zu erteilen. Das Gericht setzt den Geschäftswert auf 100.000 EUR fest.
Für den Anwalt des B ist nur der hälftige Wert maßgebend. Dieser Wert ist auf Antrag nach § 33 RVG gesondert festzusetzen.
Beispiel 27: Wertfestsetzung (III)
A beantragt die Erteilung eines Erbscheins, der ihn als Alleinerbe ausweisen soll. Die durch denselben Anwalt vertretenen B und C treten dem entgegen. Sie sind der Auffassung, dass sie und A zu je ⅓ Erben seien, und beantragen, den Erbschein mit dieser Maßgabe zu erteilen. Das Gericht setzt den Geschäftswert auf 120.000 EUR fest.
Für B und C ist jeweils ein Drittel des Geschäftswerts maßgebend. Daher ist für jeden auf Antrag nach § 33 RVG ein gesonderter Wert i.H.v. 40.000 EUR festzusetzen. Unzutreffend wäre es, für ihren Anwalt einen Gesamtwert von 80.000 EUR festzusetzen, da jeder der beiden Auftraggeber nur nach einem Wert von 40.000 EUR haftet (§ 7 Abs. 2 RVG).
Auch dann, wenn nach § 33 RVG festzusetzen ist, besteht insoweit eine Bindungswirkung, als hinsichtlich der Hauptsache nicht abgewichen werden darf, selbst wenn das Gericht oder Beschwerdegericht im Verfahren nach § 33 RVG der Auffassung sein sollte, der Geschäftswert sei unzutreffend festgesetzt, weil der Nachlass tatsächlich einen höheren oder geringeren Wert habe als bei der gerichtlichen Wertfestsetzung angenommen. Das Gericht darf von dem Geschäftswert nicht mehr abweichen. Eine Überprüfung und Neuberechnung des Nachlasswerts ist nicht statthaft; vielmehr ist der Bruchteil aus dem festgesetzten Geschäftswert zu berechnen (BayObLG, Beschl. v. 22.12.2005 – 1Z BR 101/04).
Beispiel 28: Wertfestsetzung (IV)
Das Gericht hat den Geschäftswert auf 120.000 EUR festgesetzt. Nachdem die Entscheidung in Rechtskraft erwachsen ist, beantragt der Anwalt, der einen Miterben mit einer Erbberechtigung von ¼ vertreten hat, die Festsetzung des Gegenstandswerts seiner Tätigkeit. Dabei ist er der Auffassung, der Nachlass habe tatsächlich einen Wert von 200.000 EUR gehabt. Der Auftraggeber ist der Auffassung, der Nachlass habe tatsächlich nur einen Wert von 80.000 EUR gehabt.
Die Festsetzung des Gesamtwerts von 120.000 EUR bleibt bindend. Das Gericht kann davon weder nach oben noch nach unten abweichen und muss daher entsprechend der Quote auf 40.000 EUR festsetzen.
Sofern die Frist des § 79 Abs. 2 S. 2 GNotKG noch nicht abgelaufen ist, kann das Gericht allerdings noch den Geschäftswert abändern, so dass der Bruchteil dann aus dem abgeändert festgesetzten Wert zu berechnen ist.