Leitsatz (amtlich)
1. Verfolgt der Beschwerdeführer seinen Antrag auf Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins mit der Beschwerde weiter, richtet sich der Geschäftswert für die Gerichtsgebühren des Beschwerdeverfahrens nach dem Wert des Nachlasses geäß § 40 Abs. 1 GnotKG, auch wenn der Beschwerdeführer lediglich eine höhere Quote anstrebt, als vom Nachlassgericht bereits festgestellt.
2. Für die Gebühren der anwaltlichen Vertretung des Beschwerdegegners im Erbscheinserteilungsverfahren ist der für die Gerichtsgebühren festgesetzte Geschäftswert nicht mageblich, wenn der Beschwerdegegner nur eine Erbquote beansprucht, sondern sie richten sich nach dem Wert des vom Beschwerdegegner beanspruchten Erbteils.
Verfahrensgang
Notariat Offenburg (Aktenzeichen 1 NG 277/2012) |
Tenor
1. Der Gegenstandswert für die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens wird auf 147.337,72 EUR festgesetzt.
2. Der Gegenstandswert für die anwaltliche Vertretung der Beteiligten zu 3., 4. und 5. im Beschwerdeverfahren wird auf 49.112,57 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Erblasser und seine Ehefrau hatten zwei gemeinschaftliche Testamente verfasst, deren Auslegung zwischen den Beteiligten streitig war. Die Eheleute hatten keine Kinder. Sie hatten jedoch jeweils mehrere Geschwister, die alle vorverstorben oder im Verlaufe des Nachlassverfahrens verstorben sind. Die Beteiligten sind Abkömmlinge dieser Geschwister. Die Beschwerdeführerinnen (Beteiligte zu 1 und 2) sind die einzigen Abkömmlinge der Geschwister des Erblassers, die Beteiligten zu 3 bis 11 sind alle Abkömmlinge der Geschwister seiner Ehefrau, wobei die Beteiligten zu 3, 4 und 5 Abkömmlinge eines im Laufe des Nachlassverfahrens verstorbenen Bruders der Ehefrau sind.
Das Nachlassgericht ist davon ausgegangen, dass mit dem gemeinschaftlichen Testament alle Geschwister bzw. deren Abkömmlinge zu Erben eingesetzt werden sollten. Es hat daher die Tatsachen für festgestellt erachtet, wonach die Beteiligten zu 1 und 2 zu je 1/6, die Beteiligten zu 3 bis 5 als ungeteilte Erbengemeinschaft zu insgesamt 1/3 und die Beteiligten zu 6 bis 11 zu je 1/18 Erben geworden sind. Dies entsprach dem Antrag der Beteiligten zu 3 bis 5 auf Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins. Den Antrag der Beteiligten zu 1 und 2 auf Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins, der sie als Erben des Erblassers zu je 1/2 ausweist, hat das Nachlassgericht zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss haben die Beteiligten zu 1 und 2 Beschwerde eingelegt. Sie machten geltend, nur sie seien Erben geworden, und zwar mit einem Anteil von je 1/2; die Geschwister der Ehefrau hätten nicht geerbt. Der Senat hat die Beschwerde zurückgewiesen und den Beteiligten zu 1 und 2 die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt.
Nachdem der Nachlasswert inzwischen ermittelt ist, ist der Gegenstandswert für die Gerichtskosten festzusetzen. Ferner haben die Beteiligten zu 1 und 2 beantragt, den Gegenstandswert für die anwaltliche Vertretung der Beteiligten zu 3, 4 und 5 festzusetzen. Die Beteiligten zu 1 und 2 sind der Auffassung, der Wert des Beschwerdeverfahrens betrage lediglich 2/3 des Nachlasswertes, weil sie durch den angefochtenen Beschluss nur in dieser Höhe beschwert gewesen seien; in Höhe von zweimal 1/6, also der bereits vom Nachlassgericht zuerkannten Quote, seien sie nicht beschwert gewesen. Ferner sind die Beteiligten zu 1 und 2 der Ansicht, dass der Gegenstandswert für die Berechnung der Rechtsanwaltsgebühren für die Vertretung der Beteiligten zu 3 bis 5 lediglich 1/3 sei.
II.1. Der Gegenstandswert für die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens richtet sich gemäß § 61 Abs. 1 GNotKG nach den Anträgen des Beschwerdeführers oder nach dessen Beschwer. Bei deren Bewertung sind die Wertvorschriften des GNotKG heranzuziehen (Korintenberg, GNotKG, 19. Aufl. 2015, § 61 Rn. 2). Im Verfahren auf Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins richtet sich der Verfahrenswert gemäß § 40 Abs. 1 GNotKG nach dem Wert des Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls abzüglich der vom Erblasser herrührenden Verbindlichkeiten. Dies gilt auch im Beschwerdeverfahren, wie der Senat unlängst (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 28.12.2015 - 14 Wx 56/15, zur Veröffentlichung vorgesehen) unter Anschluss an mehrere Oberlandesgerichte (Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 16.10.2014 - 3 Wx 104/13 -; Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 24.3.2015 - 3 Wx 30/15 -; 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe, Beschluss vom 27.05.2015 - 11 Wx 123/14 -; a.A. Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 05.8.2015 - 15 W 341/14 -) entschieden hat. Das zum 01.08.2013 an die Stelle der KostO getretene GNotKG lässt es nicht mehr zu, mit der zu § 131 KostO ergangenen Rechtsprechung (s. i.E. Korinthenberg, KostO, 18. Aufl., § 131, Rn. 26 ff.) für das Beschwerdeverfahren auf das wirtschaftliche Interesse des Beschwerdeführers abzustellen. § 61 GNotKG verweist nämlich nicht mehr wie § 131 KostO auf die dem § 30 KostO entsprechende Regelung des § 36 GNotKG, wonach der Wer...