In rechtspolitischer Hinsicht stand jedenfalls ab der zweiten Jahreshälfte 2018 die anstehende Reform des anwaltlichen Gesellschaftsrechts im Mittelpunkt. Eine Neuordnung des anwaltlichen Gesellschaftsrechts ist – wie bereits der zum Jahresende 2017 erschienene Berufsrechtsreport herausgestellt hat (Deckenbrock/Markworth ZAP 2/2018, 57, 59) – schon angesichts der beiden Beschlüsse des BVerfG vom 14.1.2014 (Az. 1 BvR 2998/11, 1 BvR 236/12, BGBl I, S. 111) und vom 12.1.2016 (Az. 1 BvL 6/13, BGBl I, S. 244; s. nachfolgend auch BGH, Beschl. v. 12.4.2016 – II ZB 7/11, ZAP EN-Nr. 485/2016) längst überfällig. Nicht ausgestanden ist darüber hinaus der Streit darum, ob eine anwaltliche Partnerschaftsgesellschaft Gesellschafterin einer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH sein kann. Der Anwaltssenat des BGH hatte dies in seinem Urteil vom 20.3.2017 verneint (Az. AnwZ [Brfg] 33/16), was in der Literatur auf erhebliche Kritik gestoßen war (dazu Markworth WuB 2017, 472 ff.; Deckenbrock/Markworth ZAP 16/2017, S. 837, 840). Mittlerweile ist unter dem Az. 1 BvR 1072/17 eine Verfassungsbeschwerde in dieser Sache anhängig.
a) Mehrheitserfordernisse in der interprofessionellen GmbH
Im ersten Beschluss hatte der 1. Senat die Regelungen der §§ 59e Abs. 1 S. 1, 59f Abs. 1 S. 1, Abs. 1 S. 2 BRAO auf der einen sowie der §§ 52e Abs. 2 S. 1, 52f Abs. 1 PAO auf der anderen Seite für verfassungswidrig erachtet, soweit sie bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung zum Zweck der gemeinsamen Berufsausübung von Rechts- und Patentanwälten zugunsten einer der beteiligten Berufsgruppen deren Anteils- und Stimmrechtsmehrheit sowie deren Leitungsmacht und Geschäftsführermehrheit vorschreiben und bei einer Missachtung eine Zulassung als Rechtsanwalts- oder Patentanwaltsgesellschaft ausschließen. Aufgrund des eng gefassten Tenors der Entscheidung – nur soweit dieser reicht, kommt dem Beschluss Gesetzeskraft zu (§ 31 BVerfGG) – sind die vom Senat beanstandeten Normen von den zuständigen Kammern in allen anderen Konstellationen (insbesondere bei der Zusammenarbeit von Anwälten mit Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern in einer GmbH) weiter zu beachten.
Der Rechtsanwaltskammer Karlsruhe kann daher für ihren belehrenden Hinweis, mit dem sie im vergangenen Jahr einer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, die beabsichtigte, ihre Satzung dahingehend zu ändern, dass ein Nur-Steuerberater an ihr mit 50 % beteiligt und zweiter gleichberechtigter Geschäftsführer werden soll, den Widerruf der Zulassung in Aussicht stellte, kein Vorwurf gemacht werden. Auch der gegen diesen Bescheid angerufene AGH Baden-Württemberg hatte keine Möglichkeit, die eindeutigen gesetzlichen Regelungen einfach außer Acht zu lassen. Der Senat hat aber zutreffend herausgearbeitet, dass die Regelungen des § 59e Abs. 2 S. 1 BRAO und des § 59f Abs. 1 BRAO auch insoweit verfassungswidrig sind, als sie der Zulassung einer Berufsausübungsgesellschaft mit beschränkter Haftung von Rechtsanwälten und Steuerberatern entgegenstehen, wenn nicht die Mehrheit der Geschäftsanteile und Stimmrechte sowie die verantwortliche Führung der Gesellschaft und die Mehrheit der Geschäftsführer den Rechtsanwälten überlassen sind. Denn ein Sachgrund dafür, dass Mehrheitserfordernisse zwar nicht bei der Zusammenarbeit von Anwalt und Patentanwalt, wohl aber bei Anwalt und Steuerberater zulässig sein sollen, ist angesichts der Vergleichbarkeit der Berufsrechte aller in § 59a Abs. 1 BRAO genannten Berufsgruppen, nicht ersichtlich. Konsequenterweise hat der Senat das Verfahren ausgesetzt und im Wege der konkreten Normenkontrolle die Entscheidung des BVerfG eingeholt (Beschl. v. 19.10.2018 – AGH 13/2018 II m. Anm. Deckenbrock BRAK-Mitt. 2019, Heft 1).
b) Kreis der sozietätsfähigen Berufe
Die zweite Entscheidung des BVerfG aus dem Jahr 2016 betraf § 59a Abs. 1 BRAO, wonach sich Rechtsanwälte allein mit Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern zur gemeinschaftlichen Berufsausübung zusammenschließen dürfen. Der 1. Senat hat die Norm wegen Verstoßes gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) insoweit für verfassungswidrig erklärt, als sie Rechtsanwälten eine solche Berufsausübung mit Ärzten oder Apothekern im Rahmen einer Partnerschaftsgesellschaft untersagt (Deckenbrock/Markworth ZAP 16/2017, S. 837, 839). Da der Senat auch hier den Tenor äußerst eng gefasst hat, besteht für die Praxis ebenfalls Unsicherheit darüber, inwiefern die interprofessionelle Zusammenarbeit darüber hinaus zulässig ist. Ungeklärt ist also, ob Anwälten also etwa auch die Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen wie Architekten und Ingenieuren und in anderen Rechtsformen wie etwa der Rechtsanwaltsgesellschaft mbH offensteht.
Diese Unsicherheit ist seit einer in diesem Jahr ergangenen Entscheidung des Anwaltssenats zur berufsrechtlichen Zulässigkeit einer Bürogemeinschaft eines Anwalts mit einem Mediator/Berufsbetreuer noch einmal gestiegen. Der Anwaltssenat des BGH hat § 59a Abs. 1 BRAO, soweit er der Zusammenarbeit eines Anwalts mit einem Mediator oder Berufsbetreuer in einer Sozietät und daher (vgl. § 59a Abs. 3 BRAO) auch in einer Bürogemeinscha...