Zutreffend habe die Strafkammer angenommen, dass die Veräußerung von Bitcoins auf der von dem Angeklagten betriebenen Handelsplattform nicht unter die Erlaubnispflicht des § 32 Abs. 1 S. 1 KWG (hier und im Weiteren: in der zur Tatzeit geltenden Fassung) falle und daher nicht nach § 54 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 KWG strafbar sei. Es handele sich bei der virtuellen "Währung" Bitcoin nicht um ein Finanzinstrument i.S.d. § 1 KWG, insbesondere nicht um Rechnungseinheiten i.S.v. § 1 Abs. 11 S. 1 Nr. 7 KWG.
Strafbar ist gem. § 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG das Betreiben von Bankgeschäften oder Finanzdienstleistungen ohne eine Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 S. 1 KWG. Nach Ansicht des KG lägen Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen allerdings nur dann vor, wenn Finanzinstrumente i.S.d. § 1 KWG betroffen seien. Einer Anwendung des KWG stehe bereits entgegen, dass die von dem Angeklagten gehandelten bzw. vermittelten Bitcoins keine Finanzinstrumente darstellten.
In Betracht komme insoweit allein die Annahme einer Rechnungseinheit i.S.d. § 1 Abs. 11 S. 1 Nr. 7 Alt. 2 KWG. Deren Voraussetzungen seien jedoch nicht gegeben. Solche Rechnungseinheiten müssen nach dem Willen des Gesetzgebers mit Devisen, d.h. ausländischem Buchgeld, vergleichbar sein und sollen die Vergleichbarkeit von Waren und Dienstleistungen innerhalb unterschiedlicher Länder durch Verwendung einer allgemeingültigen und verständlichen Einheit ermöglichen, so z.B. auch im Lichte der §§ 431 Abs. 1, 505, 544 HGB, § 496 LuftVG oder § 5l Abs. 1 BinSchG (KG, Urt. v. 25.9.2018 – 161 Ss 28/18 [35/18], II. 1. b. aa.). Hingegen stehe der gesetzgeberische Wille der Einordnung sog. Kryptowährungen als Rechnungseinheit entgegen.
Unter Bitcoins verstehe man ein im Rechenwege durch eine Computerleistung erzeugtes verschlüsseltes elektronisches Zahlensystem (vgl. Beck NJW 2015, 580 f.; Richter/Augel FR 2017, 937 ff.), das in einem für jeden zugänglichem Netzwerk verwaltet und gespeichert wird und das auf jedermann, der ebenfalls über ein internetfähiges Computersystem verfügt, übertragen werden kann (vgl. Sprengnether/Wächter RdF 2014, 114 f.; Seitz K&R 2017, 763; Grzywotz/Köhler/Rückert StV 2016, 753 f.).
Der Bitcoin werde weder von einer Zentralbank, noch einer öffentlichen Behörde ausgegeben (vgl. Müller ZfIR 2017, 600, 602; Omlor JZ 2017, 754, 755), noch existiere im Netzwerk ein allgemein gültiger Emittent dieses als Ersatzwährung genutzten Zahlensystems. Es gebe keine übergeordnete und bestimmbare (juristische) Person, die regulierend auf die Verteilung der Bitcoins Einfluss nehmen könne (vgl. Beck NJW 2015, 584), vielmehr überwachten alle Teilnehmer die Richtigkeit der Übertragung der Bitcoins innerhalb des Netzwerks. Der Bitcoin habe keinen eigenen darstellbaren oder vergleichbaren Wert. Es handele sich um keine Währung und kein Geldzahlungsmittel im klassischen Sinne, das in einem Währungsraum kraft Gesetzes von jedermann zur rechtswirksamen Erfüllung geschuldeter Leistungen akzeptiert werde (vgl. Omlor JZ 2017, 760; Beck NJW 2015, 581; Kaulartz CR 2016, 474, 477; Ekkenga CR 2017, 762, 765).
Soweit die BaFin die Ansicht vertrete, es handele sich bei Bitcoins um eine Komplementärwährung, die unter den Begriff Rechnungseinheit zu fassen sei, verkenne sie, dass es nicht Aufgabe der Bundesbehörden sei, rechtsgestaltend (insbesondere) in Strafgesetze einzugreifen.
Hinweis:
Zur Auffassung der BaFin, Bitcoins als Komplementärwährung s. Merkblatt der BaFin "Hinweise zu Finanzinstrumenten nach § 1 Abs. 11 S. 1 bis 3 KWG – Aktien, Vermögensanlagen, Schuldtitel, sonstige Rechte, Anteile an Investmentvermögen, Geldmarktinstrumente, Devisen und Rechnungseinheiten" vom 20.12.2011 i.d.F. vom 19.7.2013 unter 2. b) hh). Anders noch: "Merkblatt – Hinweise zu Finanzinstrumenten nach § 1 Abs. 11 S. 1 bis 3 KWG – Wertpapiere, Geldmarktinstrumente, Devisen und Rechnungseinheiten", veröffentlichte Ursprungsfassung, die Bitcoins nicht erwähnte (vgl. Richter/Augel a.a.O., S. 940).
Auch eine Strafbarkeit nach § 31 Abs. 1 Nr. 2a KWG i.V.m. §§ 8a, 1a ZAG scheide im Ergebnis aus, da Bitcoins ebenfalls kein E-Geld seien. Schon die Voraussetzung der Ausgabe durch einen Emittenten sei beim Bitcoin nicht gegeben (vgl. Richter/Augel FR 2017, 940; Terlau, in: Casper/Terlau, Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz, 2014, § 1a, Rn 49 f.).
Anmerkung
Die Entscheidung des KG hinterließ ein Raunen in der Currency-Token-Community (vgl. auch weitere Besprechungen: KG NJW 2018, 3734 m. Anm. Lehmann; BKR 2018, 473 m. Anm. Froitzheim; MMR 2018, 828 m. Anm. Patz; BB 2018, 2708 m. Anm. Conreder; ZIP 2018, 2093 m. Anm. Klöhn/Parhofer; EWiR 2018, 705 m. Anm. Büch; GWR 2018, 413, m. Anm. Baumann; NStZ–RR 2019, 19 m. Anm. Peter) und ist nicht nur auf Bitcoin anwendbar.
Hinweis:
Vielmehr gilt die Entscheidung für alle Kryptowährungseinheiten mit dezentraler Verwaltung und Speicherung auf einer Blockchain.
Bei der rechtlichen Einordnung der Entscheidung ist zwischen den Problembereichen der rechtlichen Qualifizierung von Kryptowährungseinheiten als Rec...