Nicht immer ist die Erklärung, die eine Mietvertragspartei abgibt, ganz eindeutig. In diesem Fall muss zunächst eine Auslegung der Erklärung nach dem objektiven Empfängerhorizont erfolgen. Die Auslegung geht der Umdeutung vor.

Kommt man durch Auslegung zu dem Ergebnis, dass keine Kündigung, sondern eine andere Erklärung abgegeben wurde oder hat die Partei tatsächlich ausdrücklich eine solche andere Erklärung abgegeben, so stellt sich die Frage, ob diese Erklärung in eine Kündigung umgedeutet werden kann. Die Umdeutung dient dem Ziel, den von den Parteien erstrebten wirtschaftlichen Erfolg zu verwirklichen, wenn zwar das von ihnen gewählte rechtliche Mittel unzulässig ist, aber ein anderer, rechtlich gangbarer Weg zur Verfügung steht (BGH ZIP 2009, 264; BGHZ 19, 269, 273; 68, 204, 206). Maßstab ist auch hier allein der objektive Empfängerhorizont. Eine Umdeutung kommt nur dann in Betracht, wenn die Voraussetzungen einer anderen, dem gleichen Zweck dienenden Handlung erfüllt sind (BGH NJW 2013, 2361). Entscheidend ist die Frage, ob, der Empfänger den Beendigungswillen der anderen Partei hinsichtlich des Vertragsverhältnisses unzweifelhaft erkennen konnte. Deshalb kann eine unwirksame Anfechtungserklärung in eine außerordentliche Kündigung umgedeutet werden. Voraussetzung ist, dass die formellen und materiellen Voraussetzungen einer solchen Kündigung erfüllt sind und das Mietverhältnis auf jeden Fall beendet werden soll (BGH NJW 2006, 2696). Demgegenüber kann ein Angebot auf Abschluss eines Mietaufhebungsvertrags ebenso wenig in eine Kündigungserklärung umgedeutet werden – da hier für den Adressaten gerade nicht erkennbar ist, dass ein einseitiges Gestaltungsrecht ausgeübt werden soll – wie das Angebot eines unwirksamen Zeitmietvertrags (LG Fulda 2016, 203; allenfalls kann im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ein Kündigungsverzicht vereinbart sein: BGH NJW 2013, 2820; NZM 2014, 235). Während eine unwirksame Kündigung durchaus in eine Abmahnung umgedeutet werden kann (BGH WuM 2011, 676; KG GE 2005, 236; AG Berlin-Mitte MM 2014, 28), gilt das für den umgekehrten Fall nicht. Die Umdeutung einer Rücktrittserklärung in eine Kündigung ist demgegenüber möglich, da hier der Beendigungswille deutlich zum Ausdruck kommt (BGH ZMR 1987, 143, 144).

Die Umdeutung einer unwirksamen außerordentlichen fristlosen Kündigung in eine ordentliche Kündigung ist in der Wohnraummiete nur in Ausnahmefällen möglich (BGH WuM 2005, 585; NJW 1981, 976; LG Saarbrücken NZM 2015, 692; LG Berlin GE 1991, 1033). Erforderlich ist auf jeden Fall, dass der Kündigungsadressat erkennen kann, dass das Mietverhältnis auf jeden Fall, wenn auch zu einem späteren Termin, beendet werden soll (BGH NZM 2018, 515). Hier ist ein äußerst strenger Maßstab anzulegen (AG Köln WuM 2016, 249), weshalb eine Umdeutung einer ohne Begründung abgegebenen und deshalb gem. § 569 Abs. 4 BGB unwirksamen außerordentlichen Kündigung in eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen ist (AG Köln WuM 2016, 249). Erforderlich ist in einem solchen Fall regelmäßig die hilfsweise Erklärung einer ordentlichen Kündigung. Umgedreht ist auch die Umdeutung einer fristgerechten Kündigung in eine außerordentlich fristlose Kündigung im Regelfall nicht möglich (OLG Saarbrücken NZM 2011, 720; Flatow WuM 2004, 316). Insbesondere scheidet eine solche Umdeutung aus, wenn das Kündigungsschreiben mit "Fristgerechte Kündigung" überschrieben ist. Das Gleiche gilt, wenn der Mieter mit ordentlicher Frist gem. § 573c BGB kündigt, obwohl ihm auch ein außerordentlicher fristloser Kündigungsgrund zur Verfügung stand (Flatow WuM 2004, 316). Haben sich Mieter oder Vermieter bei der Berechnung der Kündigungsfrist verrechnet, muss unterschieden werden, ob es sich um einen erkennbaren Fehler für die Gegenseite handelt, dann gilt das tatsächlich Gewollte, oder ob es sich um eine falsche rechtliche Bewertung handelt, die ggf. auch für die Gegenseite nicht erkennbar war. Im letzten Fall kommt eine Umdeutung nur dann in Betracht, wenn für den Kündigungsadressaten erkennbar ist, dass das Mietverhältnis auf jeden Fall beendet werden soll, also z.B. im Kündigungsschreiben auch steht "frühestmöglich", "so schnell wie möglich" o.Ä. Dann kommt eine Umdeutung zum früheren Termin in Betracht.

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