Die Rechtsprechung des BGH zu § 46 Abs. 5 BRAO spielte auch in einem vom AGH Nordrhein-Westfalen entschiedenen Fall (Urt. v. 15.1.2021 – 1 AGH 10/20) eine Rolle. Nach dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt beantragte ein Volljurist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft. Im Antragsformular gab er an, dass er neben dem Anwaltsberuf noch bei einem Unternehmen, das u.a. Volljuristen im Wege der Arbeitnehmerüberlassung als Projektjuristen an eine Großkanzlei verleiht, angestellt sein werde. Insoweit war vereinbart, dass das allgemeine Direktionsrecht gegenüber dem Arbeitnehmer zwar grds. dem Entleihunternehmen zusteht, während des Arbeitseinsatzes wird es aber "hinsichtlich der Aufgaben im Kundenbetrieb dem Kunden übertragen". Ein Vertragsverhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Kunden, also der Großkanzlei, wurde durch diese Tätigkeit jedoch nicht begründet. Der AGH wies die auf Zulassung gerichtete Verpflichtungsklage ab, weil die zweitberufliche Tätigkeit des Antragstellers unvereinbar i.S.d. § 7 Nr. 8 BRAO sei. Der Senat begründet dies damit, dass § 46 BRAO die möglichen Angestelltentätigkeiten eines Anwalts abschließend regele. Auf § 46 Abs. 1 BRAO könne sich der Antragsteller aber nicht berufen, weil er nicht bei einem Arbeitgeber, der selbst als Anwalt oder anwaltliche Berufsausübungsgesellschaft tätig sei, angestellt werde. Denn das Arbeitsverhältnis bestehe mit dem Entleihunternehmen. Zudem könne der Antragsteller auch nicht anwaltlich i.S.d. § 46 Abs. 2 BRAO tätig sein, weil er keine Angelegenheiten des Arbeitgebers i.S.d. § 46 Abs. 5 BRAO erbringe, sondern für Dritte tätig werde.
Im Ergebnis vermag diese Sichtweise nicht zu überzeugen. Zutreffend ist zwar, dass im Fall einer Arbeitnehmerüberlassung mit Blick auf die Rechtsprechung des BGH zu § 46 Abs. 5 BRAO kein Anspruch auf Zulassung als Syndikusrechtsanwalt besteht (AGH Bayern, Urt. v. 10.7.2017 – BayAGH III 4–6/16; AGH Baden-Württemberg Urt. v. 3.11.2017 – AGH 21/17 II; AGH Nordrhein-Westfalen Urt. v. 29.6.2018 – 1 AGH 48/17; a.A. Huff AnwBI 2017, 40, 42; ders. NJW 2018, 564), es ist aber nicht nachvollziehbar, warum dem Antragsteller die begehrte Zulassung als (freier) Anwalt i.S.d. §§ 4 ff. BRAO versagt werden könnte. Denn es ist nicht ersichtlich, warum die zweitberufliche Tätigkeit, die de facto für eine andere Anwaltskanzlei erfolgt, unvereinbar i.S.v. § 7 Nr. 8 BRAO sein soll (krit. auch Christoph AnwBl 2021, 362, 363; Grunewald NJW 2021, 3696 Rn 11 ff.).