Soweit Franchise-Systeme Lieferverträge mit Vorlieferanten abgeschlossen haben und diese zum Teil nicht mehr oder nur noch verzögert erfüllt werden können, weil die Arbeitswelt in besonders von der Corona-Pandemie betroffenen Staaten stillsteht, so kommt es immer wieder auf die Umstände, d.h. die vertragliche Gestaltung im Einzelfall an, ob der Franchise-Geber, wenn zum System gelistete Lieferanten verspätet oder gar nicht liefern, die Kosten der unterbliebenen oder verzögerten Lieferung zu tragen hat.
a) Höhere Gewalt
Die zum Franchise-System gelisteten Lieferanten werden sich auf höhere Gewalt (Force majeure) berufen können. Dies gilt auch für den Franchise-Geber, wenn dieser aufgrund nicht erfüllter Lieferverpflichtungen der zum Franchise-System gelisteten Lieferanten nicht in der Lage ist, die Vertragsprodukte aufgrund der im Rahmen des Franchise-Vertrages vereinbarten Bezugsbindung an die Franchise-Nehmer seines Franchise-Systems zu liefern.
Der BGH hat hierzu zuletzt noch in seinem Urt. v. 16.5.2017 (X ZR 142/15) festgestellt, dass es sich bei höherer Gewalt um ein "von außen kommendes, keinen betrieblichen Zusammenhang aufweisendes, auch durch äußerste vernünftige Weisen zu erwartende Sorgfalt nicht abwendbares Ereignis" handelt.
Diese Voraussetzungen treffen, dazu bedarf es keiner Diskussion, auf die Corona-Pandemie zu. Insofern können sich sowohl die Lieferanten gegenüber dem Franchise-Geber als auch der Franchise-Geber gegenüber den Franchise-Nehmern darauf berufen, wegen dieser höheren Gewalt nicht lieferfähig zu sein, ohne dass durch den Franchise-Geber gegenüber den gelisteten Lieferanten des Franchise-Systems oder aber durch den Franchise-Nehmer wegen Nichterfüllung der Bezugsbindung gegenüber dem Franchise-Geber Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden können.
b) Force-Majeure-Klausel
Anders sieht es aus, wenn der Vertrag eine sog. Force-Majeure-Klausel, d.h. eine Klausel über den Fall höherer Gewalt, enthält. Damit sind die Fälle eines Erdbebens, eines Tsunamis, eines Vulkanausbruchs etc. gemeint. Bislang bestand bei der Gestaltung von Franchise-, aber auch Lieferverträgen in Deutschland keine Notwendigkeit, eine solche Klausel aufzunehmen, da solche Naturereignisse hier nicht gegeben sind.
Die Corona-Pandemie sollte aber zur Überlegung veranlassen, auch in den Liefer-/Franchise-Vertrag jetzt eine Force-Majeure-Klausel aufzunehmen.
Eine solche Force-Majeure-Klausel könnte dann folgenden Wortlaut haben:
Zitat
... Der Eintritt unvorhersehbarer oder vom Parteienwillen unabhängiger Umstände, insbesondere alle Fälle höherer Gewalt, berechtigen den Franchise-Geber zur Verlängerung der Liefertermine und -fristen nach Maßgabe des Umfangs und Andauerns dieser Umstände und ihrer Folgen, ohne dem Franchise-Nehmer ein Rücktrittsrecht vom Vertrag oder einen Schadenersatzanspruch zu gewähren.
Der Franchise-Geber ist bei Vorliegen derartiger Umstände jedoch auch zur gänzlichen oder teilweisen Stornierung des Auftrages berechtigt, ohne dass der Franchise-Nehmer daraus Ersatzansprüche ableiten kann.
Als Force-Majeure-Ereignis im Sinne dieser Bestimmung sind insbesondere höhere Gewalt, Pandemien, Erdbeben, Feuer, Überschwemmungen, Unruhen, staatliche Regelungen, Entscheidungen oder sonstige Maßnahmen oder jegliches sonstige Ereignis ähnlicher oder nicht ähnlicher Art, das als unvorhersehbarer oder vom Parteiwillen unabhängiger Umstand zu qualifizieren ist, anzusehen ...
Diese vorgeschlagene Force-Majeure-Klausel umfasst die allgemeinen Fälle höherer Gewalt, wie Epidemien, Pandemien, Krankheiten, Quarantäne, Erdbeben, Tsunami, Vulkanausbrüche und stellt zugunsten der Vertragsparteien fest, dass diese von ihren Leistungsverpflichtungen frei sind, wenn ein Fall der Force-Majeure-Klausel gegeben ist.
Für den Franchise-Geber bedeutet dies, dass dieser einerseits keine vertraglichen Verpflichtungen für den Zeitraum höherer Gewalt (Corona-Pandemie) gegenüber dem Franchise-Nehmer hat, dieser andererseits aber auch während dieses Zeitraums von der Verpflichtung zur Leistung laufender Franchise-Gebühren freigestellt ist.
Wegen dieser weitreichenden Konsequenzen muss aber jeweils genau überlegt werden, ob für das jeweilige Franchise-System eine solche Force-Majeure-Klausel nunmehr i.R.d. Überarbeitung des Franchise-Vertrages vereinbart werden soll. Geboten ist also insoweit immer eine Einzelfallbetrachtung.
c) Beweisfragen
Es ist dann aber immer Aufgabe von Franchise-Geber oder Franchise-Nehmer, also desjenigen, der sich auf die Force-Majeure-Klausel beruft, deren Vorliegen auch zu beweisen.
Soweit Franchise-Systeme Lieferketten nach China unterhalten, ist seit Bekanntwerden der Pandemie in China den dort ansässigen Unternehmen und Vorlieferanten auf Antrag vom China Counsel for the Promotion of International Trade (CCPIT) ein entsprechendes Force-Majeure-Zertifikat ausgestellt worden. Dies begründet dann die Indizwirkung für das Vorliegen des Ereignisses, d.h. die Hintergründe der unterbliebenen oder verzögerten Lieferung, ersetzt aber nicht den tatsächlichen Beweis dafür, dass ein Fal...