Von entscheidender Bedeutung ist aber, dass durch das Urteil des XII. Zivilsenats des BGH vom 12.1.2022 Grundsätze aufgestellt werden, anhand derer ein Anspruch auf Anpassung der Miete bei behördlich angeordneter Schließung des Franchise-Outlets wegen Störung der Geschäftsgrundlage gem. § 313 Abs. 1 BGB verlangt werden kann.
Fest steht aufgrund der Entscheidung des BGH vom 12.2.2022, dass aufgrund der vielfältigen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie die Geschäftsschließungen, Kontakt- und Zugangsbeschränkungen und der damit verbundenen Auswirkungen auf das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben in Deutschland im Frühjahr 2020 die sog. große Geschäftsgrundlage betroffen ist. Darunter wird nach allgemeiner Ansicht die Erwartung der vertragsschließenden Parteien verstanden, dass sich die grundlegenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen eines Vertrages während der Vertragsdauer nicht ändern und die Sozialexistenz nicht erschüttert wird (Flume, Das Rechtsgeschäft, 4. Aufl., Berlin 1992, § 26,6 spricht von "Einwirkungen der Sozialexistenz").
Nach Ansicht des BGH wird diese Erwartung durch die Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie so schwerwiegend gestört, dass eine Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1 S. 1 BGB in Betracht kommt. Der BGH hält zudem fest, dass aus der vom 1.4.2020 bis zum 30.9.2022 geltenden Vorschrift des Art. 240 § 2 EGBGB nur folge, dass das Kündigungsrecht des Vermieters beschränkt sei, nicht aber, dass mit dieser gesetzlichen Regelung auch zugleich eine Aussage zur Höhe des geschuldeten Mietzinses verbunden sei. Insofern könne aus dieser gesetzlichen Regelung nicht unmittelbar vom Mieter ein Anspruch auf Minderung des Mietzinses hergeleitet werden. Abzustellen sei demgemäß auf die allgemeinen Grundsätze des § 313 Abs. 1 BGB. Insofern kommt aus Sicht des BGH eine Vertragsanpassung und damit eine Reduzierung des Mietzinses für die Dauer der behördlich angeordneten Schließung nur in Betracht, wenn dem betroffenen Mieter unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insb. der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung ein Festhalten am unveränderten Mietvertrag nicht zugemutet werden kann.
Der BGH hält insofern zutreffend fest, dass die enttäuschte Geschäftserwartung eines Mieters, wie im Falle einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der Corona-Pandemie, über das gewöhnliche Verwendungsrisiko des Mieters hinausgeht, da die wirtschaftlichen Nachteile, die dieser aufgrund einer pandemiebedingten Betriebsschließung erleiden würde, nicht auf unternehmerischen Entscheidungen oder der enttäuschten Vorstellung, in den Mieträumen ein erfolgreiches Geschäft betreiben zu können, um Gewinne zu erwirtschaften, beruht. Vielmehr seien diese Nachteile Folge der umfangreichen staatlichen Eingriffe in das wirtschaftliche Leben. Letztlich habe sich durch die COVID-19-Pandemie ein allgemeines Lebensrisiko verwirklicht, das von der mietvertraglichen Risikoverteilung nicht erfasst sei.
Dies alles bedeutet aber aus Sicht des BGH nicht, dass der Mieter stets eine Anpassung der Miete für den Zeitraum der behördlich angeordneten Schließung seines Ladenlokals verlangen kann. Vielmehr muss dazu festgestellt werden, ob es für den Mieter unzumutbar war, am unveränderten Mietvertrag festzuhalten. Dazu bedürfe es aber einer umfassenden Abwägung, bei der sämtliche Umstände des Einzelfalls gem. § 313 Abs. 1 BGB zu berücksichtigen seien. Eine pauschale Betrachtungsweise und damit eine Aufteilung des Mietzinses 50:50 (so das OLG Dresden) werde den tatbestandlichen Voraussetzungen von § 313 Abs. 1 BGB nicht gerecht.