Die Corona-Pandemie ist nicht ohne Auswirkungen auf das Franchise-Recht geblieben, wobei sich im Wesentlichen zwei Fragen stellen: die der Mietzinsfortzahlungsverpflichtung des Franchise-Nehmers für die von ihm angemieteten Räumlichkeiten seines Franchise-Outlets bzw. die Verpflichtung zur Zahlung monatlich laufender Franchise-Gebühren/Werbegebühren trotz einer behördlich angeordneten Schließung des Franchise-Outlets.
1. Zahlungsverpflichtung für angemietete Räumlichkeiten des Franchise-Outlets
Nachdem es zu den ersten Schließungen der Franchise-Outlets i.R.d. behördlich angeordneten Lockdowns Anfang 2020 kam, stellte sich sofort die Frage, ob Franchise-Nehmer nach wie vor zur Leistung des Mietzinses/Untermietzins an den Franchise-Geber verpflichtet sind, obwohl sie wegen der Schließung des Ladenlokals keine Umsätze erzielen. Dabei wurde von Anfang an die Frage diskutiert, ob insofern ein Fall des Wegfalls der Geschäftsgrundlage i.S.v. § 313 BGB vorliegt und damit der Miet-/Untermietvertrag dahingehend angepasst werden muss, dass die Mietzinszahlungsverpflichtung des Franchise-Nehmers für die Dauer der behördlich angeordneten Schließung des Franchise-Outlets entfällt bzw. anzupassen ist.
Nachdem umstritten war, ob Auswirkungen der Corona-Pandemie als "Wegfall der Geschäftsgrundlage" anzusehen sind, wurde die Einfügung in § 7 in Art. 240 EGBGB durch das zum 20.12.2020 in Kraft getretene Gesetz (s. Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche i.d.F. der Bekanntmachung vom 21.9.1994, BGBl. I S. 2494; 1997 I S. 1061, zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 21.12.2021, BGBl. IS. 5252) gesetzlich geregelt, dass es sich bei der Corona-Pandemie um einen Fall des "Wegfall der Geschäftsgrundlage" i.S.v. § 313 Abs. 1 BGB handelt. Daraus folgt aber nur, dass möglicherweise ein Anpassungsanspruch gegeben ist, nicht aber ein unmittelbarer Anspruch auf Mietminderung oder Minderung der Franchisegebühren.
2. Gesetzliche Regelung in Art. 240 § 7 EGBGB
Diese gesetzliche Klarstellung war geboten, weil in der Rechtsprechung Uneinigkeit darüber bestand, ob die Corona-Pandemie überhaupt als "Wegfall der Geschäftsgrundlage" anzusehen ist. Dies wurde nämlich von der Rechtsprechung zunächst überwiegend abgelehnt, wie die Urteile des LG Frankfurt/M. vom 8.5.2020 (2-15 O 23/20), des LG Heidelberg vom 30.7.2020 (5 O 66/20), des LG Zweibrücken vom 11.9.2020 (HK O 17/20) und des LG Stuttgart vom 19.11.2020 (11 O 215/20) zeigen.
Lediglich das LG München I hatte sich in seinem Urt. v. 22.9.2020 (3 O 4495/20) für eine Mietzinsminderung gem. § 536 BGB ausgesprochen; eine Entscheidung, die von anderen Gerichten aber auch im Schrifttum als "absolute Mindermeinung" bezeichnet wurde (s. beispielhaft Römermann NJW 2021, 265; Sittner NJW 2020, 1169; Klimesch IMR 2021, 47; Brinkmann/Thüsing NZM 2021, 5; Liesegang ZVertriebsR 2021, 38).
Insofern steht durch die Einfügung in Art. 240 § 7 EGBGB fest, dass die Corona-Pandemie als ein Fall der "Störung der Geschäftsgrundlage" i.S.v. § 313 I BGB zu verstehen ist.
Als weitere Konsequenzen dieser gesetzlichen Regelung steht damit auch fest, dass nach den Grundsätzen des "Wegfall der Geschäftsgrundlage" zwischen den Parteien eines Miet- bzw. Untermietvertrages Verhandlungen darüber geführt werden können, in welcher Weise der Mietzins an die Verhältnisse der Corona-Pandemie angepasst wird – bis hin zu Überlegungen zu einer vorzeitigen Auflösung des Miet-/Untermietvertrages.
Keinesfalls kann aus der gesetzlichen Regelung in Art. 240 § 7 EGBGB ein Anspruch des Franchise-Nehmers als Mieter/Untermieter abgeleitet werden, dass der von ihm zu leistende Mietzins/Untermietzins aufgrund der Corona-Pandemie nicht nur anzupassen, sondern ggf. für die Dauer der behördlich angeordneten Schließung des Franchise-Outlets auf 0,00 EUR zu reduzieren ist.
3. Urteil des LG München I vom 12.2.2021 (31 O 11516/20)
a) Allgemeine Grundsätze
Das LG München I hat in seinem Urt. v. 12.2.2021 festgestellt, dass kein Anspruch für C&A auf Mietzinsminderung gegeben ist und zur Leistung der Miete für den Monat April 2020 in voller Höhe verurteilt.
Dieses Urteil des LG München I vom 12.2.2021 ist deswegen von grundsätzlicher Bedeutung, weil Grundsätze zur Handhabung der Regelung in Art. 240 § 7 EGBGB aufgestellt werden, die für die zukünftige Anwendung der Vorschrift von grundsätzlicher Bedeutung sind.
Ausgehend von der Entscheidung des LG München I vom 12.2.2021 ist zukünftig von folgenden Grundsätzen bei Anwendung von Art. 240 § 7 EGBGB, d.h. der Prüfung der Frage, ob ein Mietzinsminderungsanspruch gem. § 313 Abs. 1 BGB wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage gegeben ist, auszugehen:
- In einem Filialsystem kann sich der Mieter für die Geltendmachung eines Mietzinsminderungsanspruchs nur auf den konkret für den Standort abgeschlossenen Mietvertrag zur Begründung seines Mietzinsminderungsanspruchs, nicht aber auf Verluste aus anderen Filialen berufen.
- Der Vermieter kann sich demgegenüber zur Abwendung des geltend gemachten Mietzinsminderungsanspruchs nicht darauf berufen, dass der Mieter in anderen Filialen Gewinne erzielt.
- Die Beschränkung der Anrechnung staatlicher Leistungen (z.B. Kurzarbeitergeld) auf den Anteil der Miete für die konkrete Filial...