Entsprechend einer möglichen Anpassung der zu entrichtenden laufenden Franchise-Gebühren nach Art. 240 § 7 EGBGB stellt sich aber auch immer die Frage, ob nicht der Franchise-Vertrag insgesamt entsprechend Art. 240 § 7 EGBGB nicht nur angepasst, sondern ggf. sogar aufgelöst werden kann, weil insgesamt ein rentables Betreiben des Franchise-Outlets nicht möglich ist. Dies gilt insb. für solche Franchise-Systeme, bei denen Franchise-Nehmer aufgrund branchenspezifischer Besonderheiten (z.B. Reisebüro/Verkaufs- und/oder Gastronomieflächen in Flughäfen/Bahnhöfen/an den Autobahnen) über einen Lockdown hinaus ein Betreiben des Franchise-Outlets nicht oder nur mit Verlusten möglich ist.
Einen ersten Hinweis darauf, wie hier zu verfahren ist, gibt das Urteil des LG München I vom 29.4.2021 (29 O 8772/20). In diesem Verfahren geht es zwar um die Anpassung eines Mietvertrages für die Überlassung von Räumlichkeiten für eine Hochzeit, doch kommt der Entscheidung auch allgemeine Bedeutung zu. Das LG München I hält in dieser Entscheidung fest, dass zum einen der Vertrag trotz Corona-Pandemie wegen bestehender Unmöglichkeit nicht unerfüllbar geworden ist und zum anderen auch gem. § 313 Abs. 3 BGB allenfalls eine Vertragsanpassung jedoch keine Vertragsauflösung erreicht werden könne.
Die Grundüberlegungen dieser Entscheidung des LG München I zeigen allerdings auch auf, in welcher Weise bei einer coronabedingten Schließung des Franchise-Outlets und damit verbundener Umsatzverluste des Franchise-Nehmers eine Anpassung des Franchise-Vertrages insgesamt bzw. dessen Auflösung erreicht werden kann. Zurückgegriffen werden muss dann nämlich auf § 313 Abs. 3 BGB. Danach ist eine Vertragsanpassung ausgeschlossen, wenn entweder keine sinnvolle Anpassung denkbar ist, die eine Vertragsdurchführung noch ermöglichen würde oder eine Anpassung zwar theoretisch möglich ist, aber aufgrund von rechtlichen oder tatsächlichen Hindernissen praktisch nicht durchführbar ist bzw. dann unzumutbar, wenn diese gegenüber dem abgeschlossenen Franchise-Vertrag zu einer Mehrbelastung des Franchise-Nehmers führen würde, der dieser nicht wenigstens hypothetisch bei Vertragsabschluss zugestimmt hätte, wenn er diese Grundlagenstörung vorausgesehen hätte.
Trotz coronabedingter Schließung des Franchise-Outlets und weiterer branchenspezifischer Umsatzverluste/-einbrüche ist aber nicht davon auszugehen, dass eine Anpassung des Franchise-Vertrags gem. § 313 Abs. 3 BGB erfolgen kann. So können die laufenden Franchise-Gebühren an die coronabedingte Situation angepasst und so das Risiko im Verhältnis Franchise-Geber/Franchise-Nehmer auf beide verlagert werden. Auch ist nicht davon auszugehen, dass eine solche Anpassung der Leistungsverpflichtungen des Franchise-Nehmers durch tatsächliche Hindernisse (Fortbestehen der Schließung des Ladenlokals) praktisch unmöglich ist. Dies gilt erst recht dann, wenn durch den Franchise-Nehmer umsatzabhängige laufende Franchise-Gebühren zu leisten sind. Hier ist dann in der Corona-Pandemie kein Grund zu sehen, der gem. § 313 Abs. 3 BGB zu einer Anpassung des Franchise-Vertrages zwingt. Wenn kein monatlicher Umsatz vom Franchise-Nehmer erwirtschaftet wird, sind von diesem auch keine monatlichen Gebühren an den Franchise-Geber zu leisten. § 311 Abs. 1 BGB oder § 311 Abs. 3 BGB greifen dann schon von den tatbestandlichen Voraussetzungen her nicht.
Auch sind keine Mehrbelastungen für den Franchise-Nehmer erkennbar, denen dieser hypothetisch bei Abschluss des Franchise-Vertrages nicht zugestimmt hätte, wenn er diese vorhergesehen hätte. Dabei bleibt nämlich unberücksichtigt, dass der Franchise-Nehmer aufgrund der gesetzlichen Regelungen staatliche Unterstützungsleistungen für die Dauer der Schließung seines Franchise-Outlets bzw. für seine Umsatzverluste erhalten konnte und der damit verbundene Mehraufwand sicherlich keine Mehrbelastung darstellt, die i.S.v. § 313 Abs. 3 BGB eine Anpassung des Franchise-Vertrages unmöglich macht.
Es ist daher nicht davon auszugehen, dass der abgeschlossene Franchise-Vertrag coronabedingt vorzeitig gem. § 311 Abs. 1 BGB oder § 311 Abs. 3 BGB aufgelöst werden kann, es sei denn, die Auswirkungen der Pandemie sind für den Franchise-Nehmer existenzbedrohend. In solchen Fällen ist schon bislang anerkannt, dass dann der Franchise-Nehmer den abgeschlossenen Franchise-Vertrag fristlos aus wichtigem Grund gem. § 314 Abs. 1 BGB kündigen kann (s. OLG Frankfurt WM 1984, 1009; Giesler/Nauschütt, Franchiserecht, 3. Aufl. 2016, Kap. 12 Rn 51).