1. Anfechtung der Vaterschaft
In einem Vaterschaftsanfechtungsverfahren hat der BGH (FamRZ 2021, 1127 m. Anm. Wellenhofer) zwei Probleme erörtert: die Vertretung des minderjährigen Kindes und die Voraussetzungen der Anfechtung durch den leiblichen Vater. Im Anschluss an BGH, FamRZ 2012, 859, hat er entschieden, dass der mitsorgeberechtigte rechtliche Vater und die mit ihm verheiratete Mutter von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen sind (§§ 1629, 1795 BGB). Ist die Mutter aber nicht mehr mit dem rechtlichen Vater verheiratet, ist sie vom gesetzlichen Sorgerechtsausschluss nicht betroffen. Daher kann das Kind von ihr allein vertreten werden. Ein Eingriff in das verfassungsrechtlich geschützte Elternrecht ist nur gerechtfertigt, wenn es dafür eine gesetzliche Grundlage gibt.
Besteht zum Schluss der letzten Tatsacheninstanz eine sozial-familiäre Beziehung zwischen rechtlichem Vater und Kind, ist eine Anfechtung durch den leiblichen Vater ausgeschlossen (§ 1600 Abs. 2 BGB). Dies gilt auch dann, wenn eine solche Beziehung zum Zeitpunkt der Einreichung des Antrags noch nicht vorlag. Dies folgt aus dem Gesetzeswortlaut und der Gesetzessystematik.
Dem Ausschluss steht nicht entgegen, dass sich der leibliche Vater vor und nach der Geburt um die rechtliche Vaterschaft bemüht hat, während die Mutter bei der Geburt des Kindes noch mit einem anderen Mann verheiratet war (OLG Hamm, FamRZ 2021, 1133).
2. Adoption
a) Vermeidung von Stiefkindverhältnissen
Nach § 1741 Abs. 2 S. 2 BGB kann ein Ehepaar ein Kind nur gemeinschaftlich annehmen.
Das OLG München (FamRZ 2021, 1210) weist darauf hin, dass der Gesetzgeber mit dem Erfordernis der gemeinschaftlichen Adoption das legitime Ziel verfolgt, die Entstehung von Stiefkindverhältnissen zu vermeiden. Dies Ziel ist durch die Einführung von § 1766a BGB bestätigt worden. Die Adoption soll weiterhin nicht für einen Stiefelternteil allein möglich sein, wenn dieser nicht mit einem Elternteil des Anzunehmenden, sondern mit einem Dritten verheiratet ist.
b) Volljährigenadoption durch Ehepaar
Nach einhelliger Auffassung kann auch im Fall der Volljährigenadoption ein Ehepaar das Kind nur gemeinschaftlich annehmen. Dies ist nach einer Entscheidung des BGH (FamRZ 2021, 1892 m. Beitrag Braun, FamRZ 2021, 1858 = MDR 2021, 1338) verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Ausnahmen bilden lediglich § 1741 Abs. 2 S. 3 und 4 BGB (Adoption des Ehegattenkindes) und § 1766a Abs. 3 BGB (Annahme des Kindes des nichtehelichen Partners). Der BGH verweist auf die Gesetzesbegründung zu § 1741 BGB, in der es heißt, das anzunehmende Kind solle in eine harmonische und lebenstüchtige Familie aufgenommen werden. Diese Familie gruppiere sich i.d.R. um ein Ehepaar, sodass die Annahme eines Kindes durch ein Ehepaar die besten Voraussetzungen für seine Entwicklung biete. Die Annahme eines Volljährigen soll ebenfalls zu einem Eltern-Kind-Verhältnis führen.
c) Sittliche Rechtfertigung einer Volljährigenadoption
In einer Entscheidung des BGH (BGH, FamRZ 2021, 1897 m. Beitrag Braun = MDR 2021, 1395) zur Notwendigkeit der Feststellung der Identität des Anzunehmenden bei der Volljährigenadoption (hier eines Flüchtlings) wird die sittliche Rechtfertigung einer Volljährigenadoption erörtert. Nach § 1767 Abs. 1 BGB kann ein Volljähriger als Kind angenommen werden, wenn die Annahme sittlich gerechtfertigt ist. Die Rechtfertigung ist insb. anzunehmen, wenn anzunehmen ist, dass zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden bereits ein Eltern-Kind-Verhältnis besteht (§ 1767 Abs. 1 Hs.2 BGB). Allgemein anerkannt ist, dass dieses Verhältnis durch ein soziales Familienband geprägt wird, welches nach seinem ganzen Inhalt dem durch die natürliche Abstammung geschaffenen Familienband ähneln soll. Hieraus lässt sich zunächst herleiten, dass regelmäßig ein Altersabstand bestehen soll, der einer natürlichen Generationsfolge entspricht. An die Entstehung eines Eltern-Kind-Verhältnisses sind jedoch nicht dieselben Anforderungen zu stellen wie bei einer Minderjährigenadoption, weil sich die familiären Beziehungen auch in einem natürlichen Kindschaftsverhältnis im Laufe der Zeit lockern und andere Formen anzunehmen pflegen. Ein tatsächliches Zusammenleben ist daher nicht mehr Wesensmerkmal einer Eltern-Kind-Beziehung. Erforderlich ist aber eine dauernde seelisch-geistige Verbundenheit und die Bereitschaft zu gegenseitigem und uneigennützigem Beistand. Das Bestehen eines Eltern-Kind-Verhältnisses muss sich in aller Regel auch in nachprüfbarer Weise im äußeren Erscheinungsbild der Beziehungen zwischen den Beteiligten bewiesen haben.
Eine Ausnahme kommt in Betracht, wenn zu erwarten ist, dass sich die bestehenden Bindungen zu einem Eltern-Kind-Verhältnis entwickeln und der mit der Adoption verfolgte Zweck gerechtfertigt ist. Die Adoptionsmöglichkeiten sind insb. eingeschränkt, um Missbräuchen zu begegnen.