Bundesjustizminister Marco Buschmann und Bundesernährungsminister Cem Özdemir setzen sich dafür ein, dass Strafverfahren wegen des sog. Containerns eingestellt werden sollten, wenn dies die Umstände im Einzelfall zulassen. In einem gemeinsamen Schreiben an die Justizminister:innen und Justizsenator:innen der Länder haben sie um Unterstützung für den Vorschlag des Bundeslandes Hamburg geworben, der eine entsprechende Änderung der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) vorsieht. Dies sei eine praktikable Lösung auf Ebene der Verwaltungsvorschriften zum Verfahrensrecht, ohne dass das materielle Recht berührt würde, hieß es dazu.
Der Hamburger Vorschlag sieht vor, in die RiStBV eine neue Nummer 235a einzufügen, die u.a. folgenden Passus enthält: „In einem Verfahren wegen eines Diebstahls (§ 242 StGB) oder eines Diebstahls geringwertiger Sachen (§ 248a StGB) von weggeworfenen Lebensmitteln aus Abfallcontainern („Containern”) kommt regelmäßig eine Einstellung nach § 153 StPO in Betracht, insbesondere wenn sich durch die anschließende Verwendung der Lebensmittel keine Gesundheitsgefahren oder Haftungsrisiken des Eigentümers realisiert haben. Bezieht sich ein Fall des „Containerns” auf geringwertige Sachen und wurde ein Strafantrag nicht gestellt, wird ein besonderes öffentliches Interesse an der Verfolgung vorbehaltlich besonderer, etwa in der Person oder im Vorleben des Täters liegender Umstände in der Regel nicht vorliegen.” Das soll, wie weiter vorgeschlagen wird, allerdings nicht gelten, wenn ein Hausfriedensbruch hinzutritt, der über „die Überwindung eines physischen Hindernisses ohne Entfaltung eines wesentlichen Aufwands hinausgeht oder gleichzeitig den Tatbestand der Sachbeschädigung erfüllt.”
Einer der Gründe für den jetzigen Vorstoß aus den Ministerien ist u.a. der in letzter Zeit verstärkt in den Fokus gerückte Kampf gegen Lebensmittelverschwendung. Nach Auffassung der Regierung stellt das hohe Aufkommen von Lebensmittelabfällen und -verlusten – auch vor dem Hintergrund der Folgen für Klima, Umwelt und Biodiversität – eine große gesellschaftliche Herausforderung dar. Allein in Deutschland entstünden pro Jahr ca. 11 Mio. Tonnen Lebensmittelabfälle. Ziel müsse es daher sein, gemeinsam mit allen Beteiligten die Lebensmittelverschwendung verbindlich branchenspezifisch zu reduzieren, haftungsrechtliche Fragen zu klären und steuerrechtliche Erleichterung für Spenden zu ermöglichen. Als Zielmarke vor Augen hat die Bundesregierung hierbei die Agenda 2030 der UN, in der eine weltweite Reduzierung der Lebensmittelabfälle auf Handels- und Verbraucherebene um 50 % pro Kopf sowie eine Verringerung der Lebensmittelverluste entlang der Produktions- und Lieferkette einschließlich der Nachernteverluste gefordert wird.
Bundesjustizminister Marco Buschmann kommentierte seine Unterstützung des Hamburger Vorschlags Anfang Januar wie folgt: „Wenn sich Menschen weggeworfene Lebensmittel mit nach Hause nehmen, ohne dabei eine Sachbeschädigung oder einen Hausfriedensbruch zu begehen, dann muss das nach meiner Meinung nicht weiter strafrechtlich verfolgt werden. Ich hielte daher eine Anpassung der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren durch die Länder für sinnvoll. Dort, wo aber ein Hausfriedensbruch oder eine Sachbeschädigung begangen werden, muss das Strafrecht das sanktionieren. Am besten ist es sowieso, wenn Lebensmittel gar nicht erst im Müll landen..
[Quelle: BMJ]