Mit seinem vielbeachteten „Financialright”-Urteil hat Senat VIa des BGH die letzten Zweifel an der rechtsdienstleistungsrechtlichen Zulässigkeit des sog. Sammelklage-Inkassos, bei dem Inkassounternehmen sich Forderungen zur Einziehung abtreten lassen, die ausschließlich oder vorrangig gerichtlich durchgesetzt werden, ausgeräumt (BGH, Urt. v. 13.6.2022 – VIa ZR 418/21 m. Anm. Augenhofer, NJW 2022, 3323; Deckenbrock, WuB 2022, 493; Flory, RDi 2022, 484; Opelt, NZG 2022, 1511; Rillig, EWiR 2022, 700; Römermann, LTZ 2022, 270; Skupin, RDi 2022, 486 sowie BGH, Urt. v. 10.10.2022 – VIa ZR184/22). Der Senat stellte klar, dass auch die gebündelte Geltendmachung einer großen Anzahl von Forderungen gem. § 260 ZPO von der Inkassoerlaubnis gem. § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RDG gedeckt sei und dass es insofern keine Obergrenze gebe (Financialright hatte rd. 2.000 Forderungen gebündelt). Zudem wies der BGH ausdrücklich darauf hin, dass die Rechtmäßigkeit des neuen Geschäftsmodells nicht durch seinen gewinnorientierten Charakter infrage gestellt werde. Es soll unerheblich sein, dass die Sammlung und gerichtliche Geltendmachung von Forderungen auf eine Einnahmenerzielung ausgerichtet sind, da es nicht per se verwerflich sei, mit Klagen Geld zu verdienen. Darüber hinaus sei in Fällen des Sammelklage-Inkassos auch bei Hinzuziehung eines Prozessfinanzierers kein struktureller Interessenkonflikt i.S.v. § 4 RDG gegeben, da die Interessen aller Beteiligter (des Inkassodienstleisters, der Auftraggeber einzeln und untereinander sowie des Prozessfinanzierers) darauf gerichtet seien, eine möglichst hohe Befriedigung aller Forderungen zu erzielen. Schließlich entschied der BGH, dass Inkassodienste auch Forderungen durchsetzen könnten, die ausländischem Sachrecht unterliegen. Eine gesonderte Registrierung nach § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 RDG als Rechtsdienstleister in einem ausländischen Recht sei daneben nicht erforderlich, da die Reichweite der Inkassoerlaubnis nicht auf bestimmte Rechtsgebiete beschränkt sei. Das Sammelklage-Inkasso kann damit auch eine grenzüberschreitende Geltendmachung von Ansprüchen gegen deutsche Unternehmen umfassen. Im zugrunde liegenden Fall hatte Financialright i.R.d. Volkswagen-Dieselskandals sogar eine Person vertreten, die in der Schweiz ein defektes Auto erworben hatte. Zu beachten ist allerdings, dass die zuständige Behörde seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt das konkrete Geschäftsmodell eines Inkassodienstleisters überprüfen und, sofern sich die Dienstleistungen auf außergewöhnliche, nicht von § 11 Abs. 1 RDG erfasste Bereiche erstrecken, weitere Nachweise der theoretischen Sachkunde verlangen kann (§ 13 Abs. 2 RDG, § 2 Abs. 1 S. 4 RDV, vgl. dazu BT-Drucks 19/27673, S. 49).