(BGH, Beschl. v. 21.3.2023 – VIII ZB 80/22) • Die Kontrolle der ordnungsgemäßen Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes (hier: Berufungsbegründung) über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) erfordert auch die Prüfung anhand des zuvor sinnvoll vergebenen Dateinamens, ob sich die erhaltene automatisierte Eingangsbestätigung gem. § 130a Abs. 5 S. 2 ZPO auf die Datei mit dem Schriftsatz bezieht, dessen Übermittlung erfolgen sollte (im Anschluss an BGH, Beschl. v. 17.3.2020 – VI ZB 99/19, NJW 2020, 1809 Rn 16; Beschl. v. 20.9.2022 – XI ZB 14/22, NJW 2022, 3715 Rn 9 f.).
Anmerkung: Mit dem Dateinamen „M_89_21_LG_Bln_SS_11_01_22.pdf.p7s” war eine Nachricht an das Berufungsgericht übermittelt worden. Diese Datei sollte nach dem Vorbringen des Rechtsanwalts die achtseitige Berufungsbegründung enthalten. Diese sei „durch die langjährig in der Kanzlei beschäftigten, außergewöhnlich zuverlässigen und im Umgang mit dem beA besonders geschulten Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten durch schriftliche Einzelanweisung” an das Berufungsgericht versendet worden. Danach sei die „automatisierte Bestätigung in Gestalt des Prüfprotokolls (...) ausgedruckt und dem Rechtsanwalt mit der Handakte vorgelegt worden. Dieser habe selbst die Verfügung kontrolliert; der Übermittlungsstatus sei „erfolgreich” gewesen. Er habe neben der Richtigkeit von Empfänger und Aktenzeichen sowie der Anbringung der Signatur auch den Inhalt des übersandten Dokuments geprüft und dabei auf das „Nachrichtenjournal” vertrauen dürfen, welches ausdrücklich die signierte Datei mit der Bezeichnung „Berufungsbegründung” ausgewiesen habe”. Nach einem Hinweis des Berufungsgerichts, wonach die beA-Protokolle auf einen Schriftsatz vom 11.1.2022 statt auf eine Berufungsbegründung hindeuteten, hat der Rechtsanwalt sein Wiedereinsetzungsvorbringen geändert: Nun hatte die Mitarbeiterin „aufgrund eines Augenblicksversagens” den falschen Schriftsatz übermittelt. „Nach dem bewährten Kanzleisystem beginne die Dateibezeichnung jeweils mit demselben Kürzel – dem bürointernen Aktenzeichen – und spezifiziere ein weiterer Zusatz das Schriftstück. Weil die in Anwaltskanzleien für Dateinamen genutzten Sonderzeichen vom beA-System nicht akzeptiert würden, müsse eine Datei für den Versand in einem mehrere Arbeitsschritte umfassenden Vorgang umgewandelt werden. Diese Umwandlung sei sehr arbeits- und zeitaufwändig und verkompliziere sich bei der Versendung von Anhängen. Offensichtlich sei es dabei zu einer unbemerkten Verwechslung gekommen und die Kanzleiangestellte habe die falsche Datei in „Berufungsbegründung” umbenannt.” Diese Argumentation konnte nicht überzeugen, die vom Rechtsanwalt selbst vorgenommene Ausgangskontrolle sei offensichtlich unzureichend gewesen. Anhand eines zuvor sinnvoll vergebenen Dateinamens sei auch zu prüfen, welcher Art der Schriftsatz sei. Zu einer wirksamen Ausgangskontrolle gehöre ein Konzept für die Benennung von Dateien, welches geeignet sei Verwechslungen auszuschließen.
Praxistipp:
Es gibt Anwaltsprogramme, die Dateinamen automatisch in beA-konforme Dateinamen umwandeln. Und auch wenn man ohne Anwaltsprogramm arbeitet, sollte man sein Dateinamensystem überdenken und einfach strukturieren. Im beA sind auch Sonderzeichen in gewissem Umfang zulässig. Arbeiten Sie so, dass bei der Benennung von Dateinamen und Anhängen möglichst wenig Aufwand entsteht. Ein „sehr arbeits- und zeitaufwändige, mehrere Arbeitsschritte umfassender Vorgang” deutet auf Mängel in der Kanzleiorganisation hin, die schleunigst beseitigt werden sollten. Achten Sie bei den Dateinamen auch auf die Mengenbegrenzung von derzeit 90 Zeichen inkl. der Dateiendungen.