(BGH, Beschl. v. 10.1.2023 – VIII ZB 41/22) • Zur Frage des Verschuldens eines Rechtsanwalts an einem Fristversäumnis – hier Berufungseinlegung – bei Nichtbeachtung der Pflicht zur elektronischen Übermittlung eines Schriftsatzes an das Gericht (§ 130d S. 1 ZPO) infolge einer unvollständigen bzw. fehlerhaften Rechtsbehelfsbelehrung.

Anmerkung: Auch bei einer erst seit drei Tagen in Kraft getretenen Änderung (hier: Beginn der aktiven Nutzungspflicht des beA) muss der Rechtsanwalt Lücken in der Rechtsmittelbelehrung durch eigene erwartbare Kenntnisse schließen. Von einem Rechtsanwalt ist zu erwarten, dass er die Voraussetzungen für die wirksame Einlegung eines Rechtsmittels kennt. Auch wenn eine Rechtsänderung während der laufenden Frist zur Einlegung der Berufung erfolgt, trifft ihn sogar eine erhöhte Sorgfaltspflicht. Ein Rechtsanwalt muss die Gesetze kennen, die in einer Anwaltspraxis gewöhnlich zur Anwendung kommen (st. Rspr. BGH).

 

Praxistipp:

Zu Beginn der aktiven Nutzungspflicht des beA hatten viele Anwälte noch die Hoffnung, dass die Justiz „Gnade vor Recht” ergehen lässt, wenn die Einreichung noch herkömmlich und nicht elektronisch erfolgt. Das ist nicht der Fall. Jeder Rechtsanwalt muss sich mit dem Elektronischen Rechtsverkehr (ERV) befassen, eine Alternative besteht nur dann, wenn es aus technischen Gründen nicht möglich ist, elektronisch zu übermitteln. Die Anforderungen an eine Ersatzeinreichung sind hoch; der Aufwand ebenso. Da ist es besser, sich mit beA und den Tücken des ERV auseinanderzusetzen und rechtzeitig vor Fristablauf das Rechtsmittel/den Rechtsbehelf elektronisch einzulegen; auch für den Fall, dass es Schwierigkeiten bei der Übermittlung geben sollte.

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