Das OLG Karlsruhe hat darauf hingewiesen, dass die Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit ihrem ursprünglichen Kostenfestsetzungsantrag die tatsächlichen und höheren Terminsreisekosten ihrer Prozessbevollmächtigten nur in Höhe fiktiver Reisekosten von dem Wohnsitz der Klägerin in Forbach nach Baden-Baden und Karlsruhe geltend gemacht hätten. Demgegenüber seien aufgrund der geänderten Rechtsprechung die Terminsreisekosten des Prozessbevollmächtigten bis zur höchstmöglichen Entfernung innerhalb des Gerichtsbezirks erstattungsfähig (s. BGH AGS 2018, 310 = zfs 2018, 524 mit Anm. Hansens = RVGreport 2018, 341 [Hansens]). Danach ist zwar die Hinzuziehung eines auswärtigen Rechtsanwalts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung grundsätzlich nicht notwendig i.S.v. § 91 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 ZPO. Dies führt jedoch lediglich dazu, dass die Mehrkosten, die gegenüber der Beauftragung eines im Gerichtsbezirk ansässigen Prozessbevollmächtigten entstanden sind, nicht zu erstatten sind. Folglich sind die tatsächlich angefallenen Terminsreisekosten der auswärtigen Prozessbevollmächtigten – hier von Bonn nach Baden-Baden und Karlsruhe – insoweit erstattungsfähig, als sie auch dann entstanden wären, wenn die obsiegende Partei einen Rechtsanwalt mit Kanzlei am weitest entfernt gelegenen Ort innerhalb des Gerichtsbezirks beauftragt hätte. Das OLG Karlsruhe hat darauf hingewiesen, dass vorliegend die Klägerin naturgemäß bei ihrem ursprünglichen Kostenfestsetzungsantrag v. 6.12.2005 die erst später ergangene Rechtsprechung des BGH noch nicht berücksichtigen konnte. Deshalb konnte der ursprünglich nicht angemeldete Teil der – fiktiven – Reisekosten ihrer Bonner Prozessbevollmächtigten nicht in Rechtskraft erwachsen und demzufolge im Wege der Nachfestsetzung berücksichtigt werden.

Das OLG Karlsruhe hat somit für die erste Instanz insgesamt 19,15 EUR und für die Berufungsinstanz 108,08 EUR an Terminsreisekosten der Prozessbevollmächtigten der Klägerin nachfestgesetzt.

 

Gebührentipp:

In ZAP 2023, 907, 913 f. hatte ich einige Beispiele aus der Rechtsprechung aufgeführt, in denen die Nachfestsetzung für zulässig, in anderen Fällen als unzulässig angesehen wurde. Die erörterte Entscheidung des OLG Karlsruhe ist die erste, die die Zulässigkeit der Nachfestsetzung aufgrund geänderter Rechtsprechung bejaht. Eine geänderte Rechtslage infolge von Gesetzesänderungen hatte – wie sich aus den a.a.O. angeführten Beispielen zur Änderung des Gebührenrechts ergibt – nicht zur Zulässigkeit der Nachfestsetzung geführt.

Der Rechtsanwalt, der vor der Frage steht, ob er eine „vergessene” Kostenposition nachträglich geltend machen will, sollte sich zunächst an der Rechtsprechung orientieren. Auch wenn es keine die Nachfestsetzung bejahende Entscheidung zu der dem Prozessbevollmächtigten vorliegenden Fallgestaltung gibt, sollte er gleichwohl und insbesondere bei höheren Beträgen einen Nachfestsetzungsantrag stellen. Gibt der Rechtspfleger diesem Antrag statt, kann der Erstattungsberechtigte abwarten, ob die Gegenseite hiergegen Erinnerung bzw. sofortige Beschwerde einlegt und die Entscheidung hierüber abwarten. Bis zu diesem Zeitpunkt entstehen dem Erstattungsberechtigten im Regelfall keine (weiteren) Kosten.

Lehnt der Rechtspfleger die Nachfestsetzung ab, so kann der Prozessbevollmächtigte der erstattungsberechtigten Partei immer noch überlegen, selbst hiergegen den gegebenen Rechtsbehelf einzulegen. Dabei wird er das hierdurch auftretende Kostenrisiko mit seinem Mandanten zu erörtern haben. Im Fall des BGH (AGS 2011, 566 mit Anm. N. Schneider = RVGreport 2011, 309 [Hansens]) hatte der Erstattungsberechtigte das Kostenrisiko wohl in Kauf genommen, weil es um eine um rund 92.000 EUR höhere Verfahrensgebühr ging, die auf der Grundlage eines höheren Gegenstandswerts als zunächst berücksichtigt errechnet wurde. Wird übrigens die gerichtliche Wertfestsetzung geändert, kann die Partei, der diese Änderung zugutekommt, gem. § 107 ZPO die Änderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses beantragen. Dabei muss allerdings die in § 107 Abs. 2 ZPO bestimmte Antragsfrist von einem Monat eingehalten werden.

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