Bei den Syndikusanwälten haben drei Entscheidungen des BSG vom 3.4.2014 (B 5 RE 3/14 R; B 5 RE 9/14 R; B 5 RE 13/14 R; s. dazu etwa Henssler BB 2014, Heft 20, I; Henssler/Dorando WuB 2015, 90 ff. sowie Offermann-Burckart NJW 2014, 2683 ff.) für Bestürzung gesorgt. Danach kann ein Syndikusanwalt als ein bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber beschäftigter Rechtsanwalt nicht von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit werden und in die anwaltlichen Versorgungswerke ausweichen, weil die in § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI vorausgesetzte Doppelverpflichtung bei ihm nicht auf derselben Beschäftigung beruhe.
Schwierigkeiten bringen die Entscheidungen des BSG insbesondere für die zahlreichen Altfälle mit sich. Die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) hat im Dezember 2014 erklärt, mit dem Stichtag 1.1.2015 ihre Befreiungspraxis für Syndikusanwälte an die Vorgaben des BSG anzupassen. Danach bleiben Syndikusanwälte, die über einen aktuellen Befreiungsbescheid für ihre derzeit ausgeübte Beschäftigung verfügen, zwar in dieser Beschäftigung befreit. Unternehmensjuristen, deren Befreiungsbescheid nicht für die aktuell ausgeübte Beschäftigung ausgesprochen wurde und die am 31.12.2014 das 58. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, mussten dagegen von ihren Arbeitgebern spätestens zum 1.1.2015 zur gesetzlichen Rentenversicherung angemeldet werden. Da Bestandsschutz nur für Befreiungen gilt, die für konkret ausgeübte Tätigkeiten bzw. Arbeitsstellen erteilt worden sind und diese bei einem Stellenwechsel nicht fortgelten, droht Syndikusanwälten, die nach dem 1.1.2015 eine neue Arbeitsstelle annehmen oder auch nur die Tätigkeit innerhalb ihres Unternehmens wechseln, die gesetzliche Rentenversicherungspflicht. Ältere Syndikusanwälte können auch bei einem Arbeitgeberwechsel bei einer Versicherung in dem zuständigen berufsständischen Versorgungswerk verbleiben, wenn sie in der Vergangenheit befreit wurden, alle Voraussetzungen für eine Pflichtversicherung im Versorgungswerk vorliegen (Zulassung als Rechtsanwalt, Zahlung einkommensbezogener Beiträge usw.) und sie bei ihrem Arbeitgeber eine rechtsberatende Tätigkeit ausüben.
Inzwischen hat Bundesjustizminister Heiko Maas ein rasches Gesetzgebungsverfahren zur Bewältigung der BSG-Urteile in Aussicht gestellt. Während sich das BMAS um die Klärung der Altfälle und des Bestandsschutzes kümmern soll, wird sich das BMJV mit der Frage der künftigen Stellung der Syndikusanwälte beschäftigen. In einem am 13.1.2015 vorgelegten Eckpunktepapier wird die Aufgabe der sog. Doppelberufstheorie vorgeschlagen. Künftig soll auch ein Rechtsanwalt, der den Rechtsanwaltsberuf als Angestellter für einen nichtanwaltlichen Arbeitgeber ausübt, anwaltlich tätig sein. Die Rechtsberatungsbefugnis soll sich in diesem Falle auf die Beratung und Vertretung des Arbeitgebers des Rechtsanwalts beschränken. Diese anwaltliche Tätigkeit des Unternehmensjuristen für seinen Arbeitgeber soll zulassungspflichtig und mit der Pflichtmitgliedschaft in der Rechtsanwaltskammer verbunden sein; hierüber soll die Befreiung des Syndikusanwalts von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht sichergestellt werden. Die Tätigkeit des Rechtsanwalts kann sich nach dem Vorschlag auf die Tätigkeit als Syndikusanwalt beschränken; eine – daneben ausgeübte – Tätigkeit als niedergelassener Rechtsanwalt soll zulässig, aber nicht notwendig sein. Allerdings sollen Syndikusanwälte keine vollständige berufsrechtliche Gleichstellung erhalten. So soll Syndikusanwälte weiterhin ein gerichtliches Vertretungsverbot für die Tätigkeit im Rahmen des Anstellungsverhältnisses treffen, soweit in zivil- und arbeitsrechtlichen Verfahren Anwaltszwang besteht; außerdem sollen ihnen strafprozessuale Privilegien wie Zeugnisverweigerungsrecht und Beschlagnahmeverbot verwehrt bleiben (s. dazu auch Huff ZAP F. 23, S. 993 ff.).