I. Ausgangslage
Mit Urteil vom 18.3.2015 (Az. VIII ZR 185/14, ZAP EN-Nr. 473/2015) hat der BGH entschieden, dass die formularvertragliche Übertragung der Pflicht zur Vornahme laufender Schönheitsreparaturen einer dem Mieter unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassenen Wohnung der Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht standhält, wenn der Vermieter dem Mieter keinen angemessenen Ausgleich gewährt. Nach Auffassung des BGH ist eine Wohnung nicht erst dann unrenoviert oder renovierungsbedürftig, wenn sie übermäßig stark abgenutzt oder völlig abgewohnt ist. Maßgeblich ist, ob die dem Mieter überlassene Wohnung Gebrauchsspuren aus einem vorvertraglichen Zeitraum aufweist. Dabei bleiben solche Gebrauchsspuren außer Betracht, die so unerheblich sind, dass sie bei lebensnaher Betrachtung nicht ins Gewicht fallen. Es kommt letztlich darauf an, ob die überlassenen Mieträume den Gesamteindruck einer renovierten Wohnung vermitteln. Die Beurteilung obliegt primär einer dem Tatrichter vorbehaltenen Gesamtschau unter umfassender Würdigung aller für die Beurteilung des Einzelfalls maßgeblichen Umstände.
Hinweis:
Die Beweislast dafür, dass die Wohnung bei Mietbeginn unrenoviert oder renovierungsbedürftig war, liegt beim Mieter. Die Darlegungs- und Beweislast für die Gewährung eines angemessenen Ausgleichs trifft dagegen den Vermieter (BGH, Urt. v. 18.3.2015 – VIII ZR 185/14, ZAP EN-Nr. 473/2015).
Eine Vielzahl von Geschäftsraum-Mietverträgen ist vermieterseitig gestellt. Dabei versucht der Vermieter traditionell, die Erhaltungslast, d.h. die Instandhaltung und die Instandsetzung einschließlich der Schönheitsreparaturen, formularvertraglich auf den Mieter zu übertragen. Auch wenn den Schönheitsreparaturen in der Geschäftsraummiete im Vergleich mit der Wohnraummiete wirtschaftlich eher untergeordnete Bedeutung zukommt, sind sie im Kontext der zu übertragenen Erhaltungspflicht zu sehen. Hier besteht die Gefahr, dass im Rahmen einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB aufgrund des Verbotes einer geltungserhaltenden Reduktion nach § 306 Abs. 2 BGB die Unwirksamkeit einer Schönheitsreparaturklausel auf die formularvertragliche Übertragung der Erhaltungspflicht durchschlägt, so dass die gesetzliche Erhaltungspflicht des Vermieters aus § 535 Abs. 1 S. 2 BGB auflebt. Es ist eine Frage des Einzelfalls, ob die im Vertrag benutzte Formularklausel nach ihrem Wortlaut aus sich heraus verständlich und sinnvoll in einen inhaltlich zulässigen und einen unzulässigen Regelungsteil getrennt werden kann ("blue pencil Test"; BGH, Urt. v. 25.1.2006 – VIII ZR 3/05; BGH, Urt. v. 23.6.2004 – ZR 361/03).
Praxishinweis:
In der Praxis der Vertragsgestaltung bedeutet dies, dass bis zur höchstrichterlichen Klärung bei Übertragung von Erhaltungspflichten i.S.d. § 535 Abs. 1 S. 2 BGB größte Vorsicht geboten ist, sofern dem Vermieter keine "Flucht in die Individualvereinbarung" gelingt.
II. Übertragbarkeit des BGH-Urteils auf die Geschäftsraummiete?
1. Inhaltskontrolle von Schönheitsreparaturklauseln (§ 307 BGB)
In der Vergangenheit hat eine zunehmende Annäherung der Rechtsprechung des 12. Zivilsenats des BGH an die Rechtsprechung des 8. Zivilsenats bei der Kontrolle von Schönheitsreparaturklauseln stattgefunden (BGH, Urt. v. 6.4.2004 – XII ZR 308/02; BGH, Urt. v. 8.10.2008 – XII ZR 84/06). Hieran wird vereinzelt kritisiert, dass die Rechtsprechung quasi automatisch den strengen Prüfungsmaßstab gegenüber Verbrauchern im unternehmerischen Rechtsverkehr übernimmt (Berger NJW 2010, 465 f.; Wichert ZMR 2014, 612). Dies ist keineswegs überraschend oder gar eine Besonderheit des Mietrechts.
2. Besonderheiten bei Verträgen mit Unternehmern
a) Anwendbarkeit des AGB-Rechts
Das Gesetz regelt in § 310 Abs. 1 BGB zunächst Besonderheiten hinsichtlich der Anwendung des AGB-Rechts in den §§ 305 ff. BGB auf Verträge mit einem Unternehmer. Danach sind bestimmte Vorschriften des BGB grundsätzlich nicht anzuwenden:
In § 310 Abs. 1 S. 2 BGB werden die "im Handelsverkehr" geltenden Gewohnheiten und Gebräuche erwähnt, auf die im Rahmen der Inhaltskontrolle angemessen Rücksicht zu nehmen ist. Gemäß dem gesetzlichen Wortlaut scheint man bei der Beurteilung einer konkreten Klausel im Rahmen der Inhaltskontrolle deutlich zwischen der Geschäftsraummiete und der Wohnraummiete unterscheiden zu müssen. Die §§ 308, 309 BGB mit den dort enthaltenen speziellen Klauselverboten gelten kraft ausdrücklicher Vorgabe in § 310 Abs. 1 S. 1 BGB nicht. Dies belegt die Rechtsprechung des 12. Zivilsenats, der eine unmittelbare Anwendung der §§ 308, 309 BGB im Rahmen der Inhaltskontrolle bei der Geschäftsraummiete ablehnt (bspw. BGH, Urt. v. 9.6.2010 – XII ZR 171/08; BGH, Urt. v. 21.7.2010 – XII ZR 189/08).
b) Indizwirkung der Klauselverbote
Nach ständiger Rechtsprechung (BGH, Urt. v. 19.9.2007 – VIII ZR 141/06; BGH, Urt. v. 25.10.1995 – VIII ZR 258/94; BGH, Urt. v. 8.3.1984 – VII 349/82) haben die Klauselverbote des § 308 BGB und des § 309 BGB jedoch eine Indizwirkung für die Kontrolle nach § 307 BGB. Würde eine Klausel des Mietvertrags gegen § 308 o...