Schon die Mitteilung des Schuldners, sein Unternehmen sanieren zu müssen, ist unter anfechtungsrechtlichen Gesichtspunkten geeignet, die Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO zu erfüllen. Der Schuldner offenbart dem Gläubiger mit diesem Hinweis, dass er nicht (mehr) in der Lage ist, seine Gläubiger vollständig zu befriedigen. Damit offenbart er seine Zahlungsunfähigkeit und gibt dem Gläubiger gleichzeitig zu erkennen, dass jede Zahlung, die er nach dieser Mitteilung von ihm noch erlangt, zumindest objektiv eine gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung darstellt. Zahlt der Schuldner freiwillig, wovon im Hinblick auf den Sanierungsvorschlag und die Zustimmung des Gläubigers zu diesem Vorschlag auszugehen ist, liegt ohne jeden Zweifel eine Rechtshandlung des Schuldners vor. Gleiches gilt, wenn er einen Dritten – etwa einen mit der Durchführung der Sanierung beauftragten Treuhänder, der möglicherweise selbst auch der Vorsatzanfechtung unterliegt, wenn er nach Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners ihm überlassene Geldbeträge vereinbarungsgemäß an bestimmte, bevorzugt zu befriedigende Gläubiger des Schuldners weiterleitet (vgl. BGH, Urt. v. 26.4.2012 – IX ZR 74/11, ZInsO 2012, 924 = BGHZ 193, 129) – anweist, Zahlungen für ihn zu erbringen. Abzulehnen wäre die Annahme einer Rechtshandlung außerhalb der kritischen Zeit der letzten drei Monate vor Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur dann, wenn der Schuldner lediglich eine Zwangsvollstreckung des Gläubigers über sich ergehen lässt, ohne im Rahmen dieser Zwangsvollstreckung irgendwelche Leistungen – etwa das Auffüllen eines gepfändeten Kontos durch Bareinzahlungen oder Überweisungen von einem weiteren Konto oder die Abtretung von Kundenforderungen oder ähnliches – zu erbringen (s. bereits vorstehend unter IV. 1.). Damit sind die Voraussetzungen des § 129 Abs. 1 InsO prinzipiell erfüllt.
Wird die Zahlung innerhalb der letzten zehn Jahre vor Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbracht, so ist sie nach § 133 Abs. 1 S. 1 InsO anfechtbar. Lässt man die geplante Sanierung, die der Annahme eines Benachteiligungsvorsatzes möglicherweise entgegenstehen kann – vorausgesetzt der Sanierungsversuch ist ernsthaft und erfolgversprechend und der Schuldner hat mit seiner Umsetzung schon begonnen –, zunächst einmal außer Betracht, so ist der für die Erfüllung der Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO erforderliche Benachteiligungsvorsatz des Schuldners gegeben. Von diesem Vorsatz ist dann auszugehen, wenn der Schuldner zum Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung (§ 140 InsO) die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen als Erfolg seiner Rechtshandlung gewollt oder als mutmaßliche Folge – sei es auch als unvermeidliche Nebenfolge eines an sich erstrebten anderen Vorteils – erkannt und gebilligt hat, wobei ein Schuldner, der zahlungsunfähig ist und seine Zahlungsunfähigkeit kennt, in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz handelt, weil er weiß, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen (BGH, Urt. v. 29.9.2011 – IX ZR 202/10, ZInsO 2012, 138 Rn 14 m.w.N.; Urt. v. 6.12.2012 – IX ZR 3/12, ZInsO 2013, 190 Rn 15; Urt. v. 10.1.2013 – IX ZR 13/12, ZInsO 2013, 179 Rn 14; Urt. v. 7.5.2015 – IX ZR 95/14, ZInsO 2015, 1262 Rn 11). Mit einer entsprechenden subjektiven Willensrichtung handelt im Grundsatz auch ein Schuldner, der beabsichtigt, sein Unternehmen zu sanieren. Bei ihm kann allerdings ausnahmsweise der Benachteiligungsvorsatz durch die Gewissheit überlagert sein, dass er aufgrund konkreter Umstände – vergleichbar den Fällen, in denen er sichere Aussichten hat, demnächst Kredit zu erhalten oder Forderungen realisieren zu können – mit einer baldigen Überwindung der Krise rechnen kann (BGH, Urt. v. 22.11.2012 – IX ZR 62/10, ZInsO 2013, 76 Rn 7; Urt. v. 10.1.2013, a.a.O.; Urt. v. 5.12.2013 – IX ZR 93/11, ZInsO 2014, 77 Rn 9).
Hinweis:
Ansonsten folgt der Benachteiligungsvorsatz schon aus dem Umstand, dass der Schuldner Leistungen erbringt, welche zur Schmälerung seines Vermögens führen, obwohl dieses nicht ausreicht, um alle Gläubiger zu befriedigen.
Unproblematisch ist i.d.R. die Feststellung der nach § 133 Abs. 1 InsO erforderlichen Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes des Schuldners auf Seiten des Gläubigers. Diese Kenntnis wird gem. § 133 Abs. 1 S. 2 InsO vermutet, wenn der Gläubiger weiß, der Schuldner ist zahlungsunfähig oder droht wenigstens zahlungsunfähig zu werden und die Leistung führt zu einer objektiven Benachteiligung der Gläubiger. Von dieser Kenntnis ist auszugehen, sobald sich aus der Mitteilung des Schuldners oder seines Beraters ergibt, dieser sei aktuell oder innerhalb kurzer Zeit nicht mehr in der Lage, seine fälligen Verbindlichkeiten vollständig zu befriedigen. Mit dieser Nachricht erlangt der Gläubiger Kenntnis von der bereits eingetretenen Zahlungseinstellung oder einer zumindest drohenden Zahlungsunfähigkeit. Sie führt unweigerlich zu dem Schluss, dass...