Beispielhaft für einen Fall, in dem der anwaltliche Berater sich hüten muss, dem Mandanten zur Annahme eines Sanierungsvorschlags zu raten und in dem er auch dem Schuldner – unterstellt er berät diesen – auf keinen Fall behilflich sein sollte, ein entsprechendes Verfahren zu versuchen, ist der Sachverhalt, welcher der Entscheidung des BGH vom 12.5.2016 (IX ZR 65/14 – ZInsO 2016, 1251) zugrunde lag. In diesem Fall ging es darum, dass ein Gläubiger Anfang des Jahres 2007 eine Forderung von ca. 60.000 EUR aus Speditionsleistungen gegen den Schuldner hatte, von denen etwa 25.000 EUR rechtskräftig tituliert waren. Der Gläubiger hatte einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erwirkt, der jedoch keine Befriedigung brachte, weil die kontoführende Drittschuldnerin mitteilte, das gepfändete Konto weise kein Guthaben auf und es lägen schon vorrangige Vorpfändungen i.H.v. 16.000 EUR vor. Kurze Zeit später teilte eine vom Schuldner beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (WPG) dem auf Zahlung drängenden Gläubiger mit, die Schuldnerin sei i.H.v. ca. 3,5 Mio. Euro buchmäßig überschuldet, die Kreditlinien seien eingefroren und in Kürze drohe Zahlungsunfähigkeit. Es sei davon auszugehen, dass die Gläubiger in einem eventuellen Insolvenzverfahren leer ausgingen. Weiterhin enthielt diese Mitteilung den Vorschlag, die Gläubiger sollten auf 65 % ihrer Forderungen verzichten, davon 15 % gegen Ausgabe eines Besserungsscheins. Stimmten alle Gläubiger diesem Vorschlag bedingungslos zu, sei ein Dritter bereit, dem Schuldner bis zu einem bestimmten Termin frisches Kapital zur Verfügung zu stellen. Weitere Angaben hinsichtlich der Ursachen der Krise, der Art und Zahl der beteiligten Gläubiger und der Höhe des Schuldenstands sowie der Art und Weise, wie die akute Insolvenzgefahr nachhaltig überwunden werden sollte, enthielt das Schreiben nicht.
Der Gläubiger erklärte sein Einverständnis mit diesem Vorschlag. Daraufhin erfolgte einige Zeit später, abweichend vom ursprünglichen Plan um mehrere Wochen verzögert, Ende März 2007 die Auszahlung eines Teilbetrags der Forderung i.H.v. 21.000 EUR. Im Jahre 2012 kam es zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners, in dem der Insolvenzverwalter die Anfechtung der Zahlung der 21.000 EUR erklärte. Bei der in dem Schreiben der WPG angekündigten Sanierung habe es sich um einen offensichtlich nicht ernst gemeinten Sanierungsversuch gehandelt, denn die Hauptgläubiger des Schuldners, die finanzierenden Kreditinstitute, das Finanzamt und die Sozialversicherungsträger, seien an dem Versuch nicht beteiligt gewesen und der vom Schuldner beschaffte Kredit i.H.v. 500.000 EUR habe nicht ausgereicht, um die nach dem Schuldenschnitt verbleibenden Forderungen i.H.v. 850.000 EUR zu begleichen. Die Beklagte hätte dies schon aufgrund der verzögerten Zahlung an sie erkennen können.
Land- und Oberlandesgericht haben die Anfechtungsklage zwar zunächst abgewiesen, wobei nach der Entscheidung des Berufungsgerichts – insoweit zutreffend – die Voraussetzungen für eine Vorsatzanfechtung nach §§ 129 Abs. 1, 133 Abs. 1 InsO zwar vorlagen, wegen der Beteiligung der WPG an dem Sanierungsversuch der Gläubiger auf die Erfolgsaussichten der Sanierung aber habe vertrauen dürfen. Seine nach § 133 Abs. 1 S. 2 InsO vermutete Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners sei widerlegt; auf die (fehlende) Übermittlung von Einzelheiten bezüglich der beabsichtigten Sanierung komme es nicht an. Diese allein an die Beteiligung eines mutmaßlich kompetenten Beraters anknüpfende Entscheidung konnte vor dem BGH keinen Bestand haben. Die Annahme, die Vermutung des § 133 Abs. 1 S. 2 InsO sei schon dadurch zu widerlegen, dass der Anfechtungsgegner sich auf die Beteiligung eines mehr oder weniger seriösen Sanierungsberaters an dem nicht näher dargestellten Sanierungsversuch beruft, ist nicht haltbar. Der BGH hat die Entscheidung des Berufungsgerichts aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. In dem Urteil werden die Mindesterfordernisse näher bestimmt, die erfüllt sein müssen, um von einem ernstgemeinten Sanierungsversuch auszugehen. Diese Voraussetzungen liegen auch den nachfolgenden Ausführungen zugrunde.