Wegen eines Gesetzentwurfs der Bundesregierung zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften, über den zurzeit beraten wird (vgl. BT-Drucks 18/10822), geht in deutschen Reisebüros derzeit die Existenzangst um. Das wurde bei einer öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses im Januar deutlich. Mit dem Gesetz soll das deutsche Recht eine EU-Richtlinie umsetzen, deren Ziel es ist, die rechtliche Regelung den Entwicklungen im Reisemarkt anzupassen, namentlich den zunehmenden Buchungen über das Internet (vgl. näher ZAP Anwaltsmagazin 3/2017, S. 99).
Derzeit gibt es bei Pauschalreisen einen weitreichenden Verbraucherschutz, indem der Kunde sämtliche Reisemängel beim Veranstalter geltend machen kann. Wer sich dagegen seine Reise im Internet zusammenstellt, muss sich bei Mängeln direkt mit dem jeweiligen Leistungsanbieter auseinandersetzen, etwa mit der Fluggesellschaft oder dem Hotelier im Ausland. Das gilt auch, wenn die verschiedenen Bestandteile der Reise über ein Reiseportal gebucht wurden. Die neue EU-Richtlinie sieht nun vor, dass die Betreiber von Reiseportalen wie Pauschalreiseanbieter in der Pflicht sind. Eine solche Gesamthaftung soll auch dann gelten, wenn etwa ein stationäres Reisebüro eine individuelle Reise mit mehreren Elementen zusammenstellt, also beispielsweise mit einem Flug, einem Hotel, einem Mietwagen und einer Versicherung.
Mit dieser weitreichenden Haftung sehen sich die vielen überwiegend kleinen Reisevermittler überfordert. Eine Petition an den Bundestag gegen die Novelle hat fast 15.000 Unterstützer, wie die Ausschussvorsitzende mitteilte. Auch der Deutsche ReiseVerband e.V. sieht erhebliche Probleme auf seine Mitgliedsunternehmen zukommen. Entweder müssten sie teure Versicherungen bis hin zu Insolvenzversicherungen abschließen, um sich gegen die Haftungsrisiken abzusichern. Oder sie müssten sich jeden Reisebestandteil einzeln bezahlen lassen, also erst den Flug, dann das Hotel und so fort. Denn sobald es einen Zahlungsvorgang für mehr als ein Produkt gebe, sei dies nach der Neuregelung wie eine Pauschalreise zu werten. Es sind diese Konsequenzen des gemeinsamen Zahlungsvorgangs für mehrere Einzelleistungen, die die Branche am meisten fürchtet. Die Bundesregierung hat deshalb bereits eine Anfrage an die EU-Kommission gerichtet, ob auch eine andere Formulierung der Bezahl-Regelung mit der EU-Richtlinie vereinbar sein könne.
Der Verband Internet Reisevertrieb e.V. weist darauf hin, dass von den neuen Haftungsregeln auch beispielsweise Fremdenverkehrsämter und Hotels betroffen sind, die z.B. neben der Übernachtung eine Gästekarte mit Vergünstigungen anbieten. Und unter den Reisevermittlern im Internet seien nicht nur die bekannten großen Portale, sondern auch viele kleine Anbieter. Für viele von ihnen seien nach dem neuen Recht die Risiken zu groß, und es stehe zu befürchten, dass die Vielfalt des Angebots in Zukunft nicht mehr vorhanden sein könnte.
[Quelle: Bundestag]