Nach der Gegenauffassung setzt der Anfall der Terminsgebühr nach Absatz 1 Nr. 1 der Anm. zu Nr. 3104 VV RVG und nach Satz 1 Nr. 1 der Anm. zu Nr. 3106 VV RVG nicht voraus, dass ein schriftlich angenommener Vergleich auf einem in der Form eines Beschlusses ergangenen Vorschlags des Gerichts beruht oder dass das Zustandekommen und der Inhalt des schriftlich angenommenen Vergleichs durch Beschluss des Gerichts festgestellt wird (OLG Köln AnwBl. 2016, 934; LAG Hamburg RVGreport 2011, 110 [Hansens]; LSG Mecklenburg-Vorpommern RVGreport 2018, 380 [ders.]; LSG Berlin-Brandenburg RVGreport 2018, 455 [ders.]; SG Neuruppin AGS 2016, 569; SG Dessau-Roßlau AGS 2017, 220; SG Oldenburg RVGreport 2012, 380 [ders.]; AnwK-RVG/Schafhausen, a.a.O., Nr. 3106 Rn 22; Gerold/Schmidt/Mayer, a.a.O, § 3 RVG Rn 64a; Hinne, in: NK-GK, 2. Aufl. 2017, Nr. 3106 VV RVG Rn 7; Mayer, in: Mayer/Kroiß, RVG, 7. Aufl. 2018, Nr. 3106 VV RVG Rn 5; Dahn/Schmidt, Anwaltsgebühren im Sozialrecht, 2. Aufl. 2018, § 9 Rn 35; Bischoff, in: Bischoff/Jungbauer, RVG, 4. Aufl. 2011, Nr. 3104 Rn 54; Schons, in: Hartung/Schons/Enders, RVG, 3. Aufl. 2017, Nr. 3104 Rn 27 ff.; Ahlmann, in: Riedel/Sußbauer, RVG, 10. Aufl. 2015, Nr. 3104 VV RVG Rn 15; N. Schneider NJW 2018, 523).
aa) Gesetzeswortlaut
Für die Richtigkeit der vorstehenden Auffassung, dass nämlich der Anfall der Terminsgebühr nicht den Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs erfordert, spricht bereits der Gesetzeswortlaut. Satz 1 Nr. 1 der Anm. zu Nr. 3106 VV RVG erfordert ebenso wie Absatz 1 Nr. 1 der Anm. zu Nr. 3104 VV RVG lediglich einen schriftlichen Vergleich. Wie die Schriftform zu wahren ist, bestimmt § 126 Abs. 1 BGB. Demgegenüber ergeben sich aus dem Gesetzeswortlaut keine Anhaltspunkte dafür, dass nur ein unter Mitwirkung oder Bestätigung des Gerichts zustande gekommener Vergleich die Terminsgebühr auslöst (so LSG Berlin-Brandenburg RVGreport 2018, 455 [Hansens]).
bb) Angleichung an Absatz 1 Nr. 1 der Anm. zu Nr. 3104 VV RVG
Die Einfügung in Satz 1 Nr. 1 der Anm. zu Nr. 3106 VV RVG durch das 2. KostRMoG sollte eine Angleichung an die bestehende Regelung in Absatz 1 Nr. 1 der Anm. zu Nr. 3104 VV RVG darstellen. Zur Anwendung der Vorschrift in Absatz 1 Nr. 1 der Anm. zu Nr. 3104 VV RVG existiert jedoch keine und erst Recht keine ganz herrschende Rechtsprechung dergestalt, dass ein „schriftlicher Vergleich” nur ein Vergleich sein kann, der nach § 278 Abs. 6 S. 1 ZPO (i.V.m. § 202 S. 1 SGG) oder § 106 S. 2 VwGO, § 101 Abs. 1 S. 2 SGG unter konstitutiver Mitwirkung des Gerichts zustande gekommen ist. Gegenstand der bisher bekannt gewordenen Entscheidungen des BGH war ein Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO (BGH RVGreport 2005, 471 [Hansens] = AGS 2005, 540; BGH RVGreport 2006, 387 [ders.] = AGS 2006, 488; BGH AnwBl 2016, 934). Der BGH hatte deshalb keine Veranlassung, die Frage zu erörtern, dass ein schriftlicher Vergleich stets in dieser Form geschlossen werden müsse. Demgegenüber hat das OLG Köln (AnwBl 2016, 934 = MDR 2017, 180) ausdrücklich entschieden, dass auch eine aufgrund lediglich schriftlich geführter Korrespondenz zustande gekommener Vergleich die Terminsgebühr auslöst.
Entgegen der Auffassung des Nds. LSG (RVGreport 2015, 461 [Hansens]) und des LSG NRW (NZS 2015, 560) ist die im Gesetzeswortlaut geforderte Schriftlichkeit keine überflüssige Formulierung, wenn der Gesetzgeber nicht einen unter Mitwirkung oder Bestätigung des Gerichts zustande gekommenen Vergleichs gemeint hätte. Vielmehr grenzt das Erfordernis der Schriftlichkeit den Vergleich von der auch möglichen mündlichen Form ab. Die Schriftform ist wohl allein aus Zweckmäßigkeitsgründen, nämlich zum Nachweis des Zustandekommens des Vergleichs und seines Inhalts erforderlich. Bei einem nur mündlich geschlossenen Vergleich könnte es Streit darüber geben, ob und ggf. mit welchem Inhalt ein Vergleich zustande gekommen ist. Zur Darlegung des Anfalls der Terminsgebühr nach Satz 1 Nr. 1 der Anm. zu Nr. 3106 VV RVG genügt hingegen die Vorlage des entsprechenden Schriftstücks.
cc) Zweck der Regelung
Der Sinn und Zweck der Regelung in Satz 1 Nr. 1 der Anm. zu Nr. 3106 VV RVG und ebenso in Absatz 1 Nr. 1 der Anm. zu Nr. 3104 VV RVG liegt in der Entlastung der Gerichte. Der Rechtsanwalt soll nicht allein im eigenen Gebühreninteresse gezwungen sein, die gerichtliche Protokollierung eines schriftlichen Vergleichs in der mündlichen Verhandlung oder die Tätigkeit des Gerichts im Rahmen eines Beschlusses zu erzwingen (LSG Berlin-Brandenburg RVGreport 2018, 455 [Hansens]). Dieser Gedanke kommt auch in Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV RVG zum Ausdruck, wonach der Rechtsanwalt eine Terminsgebühr schon dann verdient, wenn er an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen mitwirkt, selbst wenn sie erfolglos bleiben. Es ist aber kein Grund dafür ersichtlich, denjenigen Rechtsanwalt schlechter zu stellen, der lediglich im Rahmen einer schriftlich geführten Korrespondenz zu einer Einigung kommt, wohingegen der Anwalt, der mit der Gegenseite unmittelbar mündlich oder telefonisch in Kontakt tritt, die Terminsgebühr ohne Zweifel verdient...