Handelt der Schuldner seiner titulierten Verpflichtung zuwider, eine bestimmte Handlung zu unterlassen, so ist er gem. § 890 Abs. 1 ZPO wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem’Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem Ordnungsgeld, ggf. auch zur Ordnungshaft, zu verurteilen. Welche Vergütung der einen solchen Antrag stellende Rechtsanwalt erhält, hat der BGH (RVGreport 2020, 222 [Hansens]) entschieden (s. hierzu Hansens, Gebührentipps II/2020, ZAP F. 24, S. 1761, 1762). Gemäß § 890 Abs. 2 ZPO muss dieser Verurteilung eine entsprechende Androhung vorausgehen. Ist diese Androhung in dem die Verpflichtung aussprechenden Urteil oder in dem entsprechenden Vergleich nicht enthalten, erlässt das Prozessgericht des ersten Rechtszuges auf Antrag eine entsprechende Androhung.

Welche Vergütung dem Rechtsanwalt zusteht, der eine solche Androhung beantragt, ergibt sich aus dem Beschluss des OLG Stuttgart (RVGreport 2020, 425 [Hansens] = AGS 2020, 477 mit Anm. Volpert).

1. Fall des OLG Stuttgart

Im Fall des OLG Stuttgart hatten sich die Antragsgegner in dem vor dem OLG geschlossenen Prozessvergleich vom 2.11.2017 gegenüber der Antragstellerin zur Unterlassung einer Handlung verpflichtet. Der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin beantragte beim erstinstanzlichen Gericht, dem LG Stuttgart, den Antragsgegnern für jeden Fall der Zuwiderhandlung die Verhängung von Ordnungsgeld bzw. Ordnungshaft anzudrohen. Dem hat das LG Stuttgart durch Beschluss vom 19.12.2018 entsprochen und den Antragsgegnern die Kosten des Androhungsverfahrens auferlegt. Aufgrund dieser Kostenentscheidung hat die Antragstellerin die Festsetzung ihrer Anwaltskosten für das Androhungsverfahren beantragt, nämlich einer 0,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG nach dem vom LG Stuttgart im vorgenannten Beschluss festgesetzten Streitwert von 60.000 EUR. Die Rechtspflegerin des LG Stuttgart hat den Kostenfestsetzungsantrag zurückgewiesen. Mit ihrer hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde hatte die Antragstellerin beim OLG Stuttgart Erfolg.

2. Anwaltsvergütung im Androhungsverfahren

Das OLG Stuttgart hat zunächst darauf hingewiesen, dass ein solcher Androhungsbeschluss Teil der Zwangsvollstreckung ist und deren Beginn darstellt. Aus dieser vollstreckungsrechtlichen Ausgangslage folge, dass der Rechtsanwalt, der den entsprechenden Antrag stellt, im Zwangsvollstreckungsverfahren tätig wird. Dies folgert das OLG Stuttgart auch aus der Regelung des § 19 Abs. 2 Nr. 5 RVG, der die einer Verurteilung vorausgehende Androhung von Ordnungsgeld zu den Vollstreckungsmaßnahmen i.S.d. § 18 Nr. 1 RVG zuordnet. Ähnlich hatte das OLG Hamm (RVGreport 2014, 404 [Hansens] = AGS 2014, 518) argumentiert.

a) Verfahrensgebühr Nr. 3309 VV RVG

Hieraus folgt nach den weiteren Ausführungen des OLG Stuttgart, dass bereits der Antrag auf Erlass eines Androhungsbeschlusses nach § 890 Abs. 1 ZPO genügt, um die 0,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG auszulösen. Dies gelte auch dann, wenn der Rechtsanwalt den Mandanten – wie es hier der Fall war – zuvor im Hauptsacheverfahren vertreten habe. Dies gilt im Übrigen nicht nur für die Androhung von Ordnungsgeld, sondern auch für die Androhung von Ordnungshaft. § 19 Abs. 2 Nr. 5 RVG erwähnt zwar lediglich die Androhung von Ordnungsgeld. Von dieser Regelung erfasst sind jedoch sämtliche in § 890 Abs. 1 ZPO geregelte Ordnungsmittel (s. hierzu Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 24. Aufl., Nr. 3309 VV RVG, Rn 356).

Anders liegt der Fall nach Auffassung des OLG Stuttgart dann, wenn der Prozessbevollmächtigte bereits im Rechtsstreit beantragt hat, die Androhung in das Urteil aufzunehmen. In einem solchen Fall ist’nämlich die anwaltliche Tätigkeit im Zusammenhang mit der Androhung nicht als Beginn der Zwangsvollstreckung anzusehen (s. BGH NJW 1979, 217). Die entsprechende Anwaltstätigkeit gehört dann gem. § 19 Abs. 1 S. 1 RVG noch zum Rechtszug im Erkenntnisverfahren und wird mit der Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG abgegolten (OLG Stuttgart a.a.O; s. hierzu a. OLG Köln AG kompakt 2010, 75). Wenn jedoch – wie hier – die Unterlassungsverpflichtung in einem gerichtlichen Vergleich tituliert worden ist, muss der Antrag auf Erlass der Androhung von Ordnungsmitteln nach Auffassung des OLG Stuttgart nachträglich beim Prozessgericht des ersten Rechtszugs gestellt werden. Die hiermit im Zusammenhang stehende anwaltliche Tätigkeit löst dann die 0,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG aus und wird auch nicht durch die im Hauptsacheprozess verdiente 1,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG abgegolten.

b) Mehrfacher Gebührenanfall

Richtet sich das Vollstreckungsverfahren, hier also Verfahren betreffend die Androhung von Ordnungsmitteln und ggf. nachfolgendes Verfahren auf Festsetzung von Ordnungsmitteln gegen mehrere Schuldner, handelt es sich auch dann um mehrere gebührenrechtliche Angelegenheiten, wenn sie aufgrund eines Titels (hier des Vergleichs vom 2.11.2017), aufgrund eines Auftrags und in einem einzelnen Antragschreiben betrieben werden (s. KG BRAGOreport 2003, 175 [Hansens] = JurBüro 2004, 46 = AGS 2003, 543; OLG Stuttgart, a.a.O.). Dies gilt sowoh...

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