Im Maßregelvollzug erfolgt die freiheitsentziehende Unterbringung insb. von psychisch kranken und suchtkranken Straftätern. Dieser Maßregelvollzug kann neben die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe treten oder anstelle dieser vollzogen werden. Unter bestimmten Umständen werden Straftäterinnen und Straftäter mit einer psychischen Störung nach § 63 StGB in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht, suchtkranke Straftäterinnen und Straftäter nach § 64 StGB in einer Entziehungsanstalt.
In den letzten Jahren ist ein kontinuierlicher Anstieg der Zahl der Personen zu verzeichnen, die in einer Entziehungsanstalt gem. § 64 StGB untergebracht sind. Waren 1995 noch knapp 1.400 Personen in einer Entziehungsanstalt untergebracht, so hat sich die Zahl der Personen im Jahr 2019 mit 4.300 Personen schon mehr als verdreifacht, mit weiter steigender Tendenz. Dieser Anstieg ist v.a. in den letzten Jahren in vielen Ländern verbunden mit einem deutlichen Anstieg der durchschnittlichen Unterbringungsdauer sowie einem deutlichen Wandel in der Struktur der Klientel. Dies hat vielfach zu einer Überlastung der Krankenhäuser des Maßregelvollzugs geführt. Zunehmend sind nach Meinung von Experten auch Personen untergebracht, die in der Entziehungsanstalt gar nicht richtig aufgehoben sind, sondern zum Teil sogar den Therapieverlauf der wirklich behandlungsbedürftigen Personen behindern.
Auf Bitten der Gesundheits- und der Justizministerkonferenz wurde deshalb im Oktober 2020 durch das Bundesjustizministerium unter Co-Vorsitz der Länder Hamburg und Nordrhein-Westfalen eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Prüfung eines Novellierungsbedarfs bei den Regelungen zur Unterbringung nach § 64 StGB eingerichtet. Nach gut einem Jahr und sechs Sitzungen schloss die Arbeitsgruppe im Herbst vergangenen Jahres ihre Arbeit ab. Das Ergebnis ist ein Bericht, der einen Regelungsvorschlag mit einer umfangreichen Begründung enthält. Dieser Bericht wurde Mitte Januar an den neuen Bundesjustizminister Buschmann übergeben.
Aus dem Bericht geht hervor, dass es das Kernanliegen einer Reform sein muss, eine stärkere Fokussierung der Unterbringung auf wirklich behandlungsbedürftige und behandlungsfähige Straftäterinnen und Straftäter zu erreichen und so zur Entlastung der Entziehungsanstalten – zumindest im Sinne eines Abbremsens des langjährigen Anstiegs der Unterbringungszahlen – beizutragen. Erreicht werden soll dies nach der Vorstellung der Arbeitsgruppe u.a., indem die Anordnungsvoraussetzungen nach § 64 StGB in mehrfacher Hinsicht enger gefasst und der regelmäßige Zeitpunkt einer Reststrafaussetzung an den bei der reinen Strafvollstreckung üblichen Zweidrittelzeitpunkt angepasst werden.
Bundesjustizminister Buschmann erläuterte bei der Entgegennahme des Abschlussberichts: "Die Behandlung der Straftäterinnen und Straftäter in den Entziehungsanstalten sollte sich [...] wieder stärker auf diejenigen Personen konzentrieren, die wirklich eine Therapie brauchen. Nur so lassen sich gute Behandlungserfolge erreichen und eine weitere Überlastung der Kliniken vermeiden. Aus diesem Grund ist es gut, dass die Bund-Länder-Arbeitsgruppe nun einen umfassenden Bericht mit konkreten Regelungsvorschlägen vorgelegt hat. Diese bieten eine sehr gute Grundlage für die Überarbeitung des Sanktionenrechts im Bereich des Maßregelvollzugs." Der Minister kündigte an, dass sein Ministerium auf der Grundlage des Berichts jetzt zeitnah einen Referentenentwurf erarbeiten wird.
[Quelle: BMJ]