Mit Urt. v. 12.1.2022 (XII ZR 8/21) hat der BGH zu einer Mietreduktion als Folge einer coronabedingten behördlich verfügten Geschäftsschließung Stellung genommen. Danach gilt Folgendes:
Als Ausgangspunkt bleibt die Miete grds. in voller Höhe fällig (Art. 240 § 2 Abs. 1 S. 1 EGBGB). Erleidet der Mieter wegen der infektionsschutzrechtlich motivierten Geschäftsschließung Umsatzeinbußen, so kann er einen Anpassungsanspruch (Mietreduktion) im Hinblick auf die Mietforderung nach § 313 Abs. 1 S. 1 BGB geltend machen, wenn sich die Fortführung des Vertrags zu den bisherigen Konditionen (ungekürzte Miete) als für ihn unzumutbar erweist. Denn der BGH sieht in dem behördlichen Schließungsgebot eine Störung der Geschäftsgrundlage, keinen Sachmangel und auch keinen Fall der Unmöglichkeit einer vertraglichen Leistungserbringung.
Der Unzumutbarkeitsschluss ist durch eine Abwägung aller konkreten Umstände des Einzelfalls zu gewinnen und nicht pauschal anzunehmen (Rn 53, 57 der Entscheidungsgründe m.w.N.). Dazu muss zunächst der Mieter die zugrunde liegenden Tatsachen unter Beweisantritt vortragen. Maßgeblich ist dabei im Falle einer Filialkette eine fokussierte Betrachtung auf die jeweils geschlossene Filiale, nicht auf die gesamte Konzernstruktur. Der BGH (Rn 58 ff. der Entscheidungsgründe) nennt als Beispiele:
- den konkreten Rückgang des Umsatzes für die Zeit der Schließung; bei einer geschlossenen Filiale wird nicht auf den Konzernumsatz abgestellt – eine "Quersubventionierung" wird dem Gewerbemieter also nicht zugemutet;
- umgesetzte Maßnahmen des Mieters zur Eindämmung der drohenden Verluste während der Geschäftsschließung;
- weitere denkbare (nicht umgesetzte) Maßnahmen des Mieters zur Abfederung drohender Verluste;
- finanzielle Vorteile aus staatlichen Leistungen zum Ausgleich der pandemiebedingten Nachteile; behauptet der Mieter keine staatlichen Unterstützungsleistungen erhalten zu haben, muss er dies und einzelne Anstrengungen seines vergeblichen Bemühens ebenfalls unter Beweisantritt vortragen; andernfalls wird der Erhalt staatlicher Unterstützungsleistungen unterstellt;
- Leistungen aus einer Einstandspflicht einer Betriebsversicherung (dazu auch BGH, Urt. v. 26.1.2022 – IV ZR 144/21);
- außer Betracht bleiben Unterstützungsmaßnahmen auf der Basis von Überbrückungsdarlehen; denn sie müssen vom Mieter zurückgezahlt werden.
Aus dem Vortrag muss sich keine Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Mieters ergeben.
Demgegenüber zu stellen sind die Interessen des Vermieters an dem vollständigen Eingang der Miete (Rn 60 der Entscheidungsgründe – wird nicht weiter ausgeführt). So kann er z.B. unter Beweisantritt vortragen, die vom Mieter behaupteten Verluste beruhten nicht auf der COVID-19-Pandemie (Rn 61 am Ende m.w.N).