Mit der im Februar 2014 verabschiedeten WIKrRL will der europäische Gesetzgeber einen Bereich harmonisieren, der von der Verbraucherkredit-Richtlinie 2008/48/EU (VerbrKrRL) bislang ausgenommen wurde, denn diese umfasst Immobiliarkredite ebenso wenig wie grundpfandrechtlich gesicherte Kredite.
1. Zielsetzung
Aufgrund der Auswirkungen der Finanzkrise war die Endfassung der Richtlinie nicht mehr vom Prinzip der Vollharmonisierung (krit. zur Methode der "Rechts-Harmonisierung" N. Fischer VuR 2003, 374 ff. m.w.N.) geprägt. Vielmehr enthält diese Richtlinie, die insbesondere dem Schutz der Verbraucher vor Überschuldung dient, große Spielräume für die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung in das jeweilige nationale Recht, in dem sie überwiegend Mindeststandards ("targeted harmonisation") formuliert (vgl. Erwägungsgründe 7 und 14 sowie Art. 2 WIKrRL; s. insb. zur Entstehungsgeschichte der Richtlinie m.w.N. Rott BKR 2015, 8 ff., 8 f.). Eine "Vollharmonisierung" findet sich daher nur bei den Regularien hinsichtlich einheitlicher vorvertraglicher Informationen mittels eines "europäischen standardisierten Merkblattes" ("European Standardised Information Sheet", sog. ESIS-Merkblatt gem. Art. 2 Abs. 2 WIKrRL, vgl. dazu deren Anhang II) sowie bei der Berechnung des effektiven Jahreszinses nach Art. 2 Abs. 2 WIKrRL (s. deren Anhang I). Hervorhebenswert am ESIS-Merkblatt ist neben der geforderten Datenfülle insbesondere, dass dessen Teil B ausführliche Erläuterungen dazu enthält, wie es auszufüllen ist (s. dazu Erwägungsgrund 43 der WIKrRL). Vorgesehen ist auch, dass die rechtlichen Begriffe der WIKrRL allgemeinverständlich erklärt werden (vgl. Erwägungsgrund 19 der WIKrRL). Insbesondere ist dem bindenden Angebot des Kreditgebers das ESIS-Merkblatt beizulegen; Mitgliedstaaten können ebenfalls vorsehen, dass das Merkblatt ausgehändigt werden muss, bevor ein bindendes Angebot gemacht wird (s. Erwägungsgrund 44 der WIKrRL).
2. Anwendungsbereich
Die Richtlinie ist nach Art. 3 Abs. 1 WIKrRL auf grundpfandrechtlich gesicherte Darlehen anzuwenden, wobei der Finanzierungsgegenstand nicht notwendig eine Immobilie sein muss (Art. 3 Abs. 1a WIKrRL). Sie findet Anwendung auf (nicht zwingend grundpfandrechtlich gesicherte) Darlehen zum Erwerb oder zur Erhaltung von Eigentumsrechten an einem Grundstück oder einem geplanten bzw. bestehenden Gebäude (Art. 3 Abs. 1b WIKrRL). Ausnahmekataloge enthalten sowohl Art. 3 Abs. 2 als auch Abs. 3 WIKrRL, wenngleich die Ausnahmen in den jeweiligen nationalen Rechtsordnungen zurückgenommen werden können (vgl. dazu nur Rott BKR 2015, 8 ff., 9 m.w.N.). In Art. 4 findet sich der (übliche) ausführliche Katalog gemeinschaftsrechtlicher "Begriffsbestimmungen", der neben "Verbraucher" und "Kreditgeber"-Definitionen (s. Art. 4 Nr. 1, 2 WIKrRL) auch "Kreditvermittler" bestimmt (Nr. 5) und insbesondere auch "Koppelungs"- und "Bündelungsgeschäfte" (vgl. Art. 4 Nr. 26, 27 WIKrRL) umfasst. Der "Finanzbildung der Verbraucher" ist Art. 6 WIKrRL (in einem eigenen Kapitel 2) gewidmet. Gemeint sind dabei Maßnahmen, "mit denen die Aufklärung der Verbraucher über eine verantwortungsvolle Kreditaufnahme und ein verantwortungsvolles Schuldenmanagement, speziell im Hinblick auf grundpfandrechtlich besicherte Kreditverträge, gefördert wird", wobei "klare und allgemeine Informationen über den Kreditgewährungsprozess" erforderlich sind – gerade für grundpfandrechtliche "Novizen" (s. Art. 6 Abs. 1 S. 1, 2 WIKrRL).
3. Inhaltliche Vorgaben
Die WIKrRL enthält gemäß ihrer vorgenannten Zielsetzungen umfangreiche Regelungen, die in nationales Recht umzusetzen waren. Nachfolgend soll ein Überblick zu den wichtigsten inhaltlichen Vorgaben der WIKrRL gegeben werden, auch um die Bandbreite der Änderungen des Umsetzungsgesetzes (dazu III.) nachvollziehen zu können und zugleich Anhaltspunkte für die (gemeinschaftsrechtlich determinierte) Auslegung der reformbedingten Änderungen zu erhalten.
a) Anforderungen an Kreditgeber und -vermittler
Kapitel 3 der WIKrRL regelt in drei Artikeln (Art. 7 bis 9 WIKrRL) "Anforderungen an Kreditgeber, Kreditvermittler und benannte Vertreter" (vgl. zu letzteren die Definition in Art. 4 Nr. 8 WIKrRL). Diese Regelungen umfassen "Wohlverhaltensregeln in Bezug auf die Vergabe von Verbraucherkrediten" in Art. 7 WIKrRL, in dessen Art. 8 die "Verpflichtung zur unentgeltlichen Bereitstellung von Informationen für die Verbraucher" sowie in Art. 9 "Anforderungen an die Kenntnisse und Fähigkeiten des Personals".
Hinweis:
Hervorhebenswert ist dabei Art. 7 Abs. 1 WIKrRL, der die Verpflichtung enthält, unter Berücksichtigung der Rechte und Interessen der Verbraucher "ehrlich, redlich, transparent und professionell" zu handeln.
Dabei thematisiert die WIKrRL das Problem der Anreize, die den Verbraucherschutz in diesen Bereichen erst erforderlich machen, wie etwa das interne Vergütungssystem und Vermittlungsprovisionen (s. Art. 7 Abs. 2 WIKrRL). Auch darf das interne Vergütungssystem keine Anreize setzen, dass das Personal des Kreditgebers oder Kreditvermittler nicht gem. Art. 7 Abs. 1 WIKrRL handeln. Für die Beratung der Verbraucher bedeute...