Wird geltend gemacht, eine vereinbarte Vergütung sei überhöht, so ist zunächst zu prüfen, ob die Vereinbarung (zum Zeitpunkt ihres Abschlusses) sittenwidrig war. Ist das der Fall, dann ist die Vereinbarung nichtig; der Anwaltsvertrag bleibt davon jedoch grundsätzlich unberührt; es ist dann nur die gesetzliche Vergütung geschuldet.
Ist die vereinbarte Vergütung nicht sittenwidrig, dann ist zu prüfen, ob sie (zum Zeitpunkt der Mandatsbeendigung) unangemessen hoch ist. Wird dies bejaht, dann kann das Gericht die vereinbarte Vergütung nach § 3a Abs. 2 RVG auf ein angemessenes Maß herabsetzen, das dann aber i.d.R. immer noch über der gesetzlichen Vergütung liegt.
Hinweis:
Im Hinblick auf die Möglichkeit, unangemessen hohe Vergütungen herabzusetzen, ist eine sittenwidrig hohe Vergütung nur in extremen Ausnahmefällen anzunehmen.
Mit seiner Entscheidung vom 27.1.2005 (AGS 2005, 378 = NJW 2005, 2142) hatte der BGH den ungeschriebenen Rechtssatz erfunden, dass eine vereinbarte pauschale Strafverteidigervergütung unangemessen hoch sei, wenn sie das Fünffache der gesetzlichen Höchstgebühren überschreite. Diese Entscheidung ist zu Recht auf erhebliche Kritik gestoßen, da es zum einen hierfür keine rechtliche Grundlage gibt und das Fünffache der gesetzlichen Gebühren kein sachgerechter Maßstab ist, weil die gesetzlichen Gebühren je nach anwaltlicher Tätigkeit erheblich variieren. Das BVerfG (AGS 2009, 423) hat die Rechtsprechung des BGH auch gerügt. Der BGH hat seine Rechtsprechung daraufhin abgeschwächt und in seiner Entscheidung vom 12.2.2009 (AGS 2009, 262 = AnwBl 2009, 389) erklärt, dass lediglich eine Vermutung für eine unangemessen hohe Vergütung bestehe, wenn die vereinbarte Vergütung das Fünffache der gesetzlichen Höchstgebühren überschreite. Es liege dann am Anwalt, diese Vermutung zu entkräften und dazu vorzutragen, dass im konkreten Einzelfall das Überschreiten des Fünffachen der gesetzlichen Gebühren nicht unangemessen sei.
Die Instanzrechtsprechung ist der Rechtsprechung des BGH weitgehend nicht gefolgt, bzw. geht großzügig mit den Anforderungen an den Anwalt um, die Unangemessenheit bei Überschreiten des Fünffachen der gesetzlichen Gebühren zu entkräften.
Nunmehr hat der BGH erklärt, dass auch in Zivilsachen eine Vermutung dafür bestehe, dass die vereinbarte Vergütung des Anwalts unangemessen hoch sei, wenn das Fünffache der gesetzlichen Gebühren überschritten werde. Auch hier soll die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass im Einzelfall das Überschreiten des Fünffachen der gesetzlichen Gebühren nicht unangemessen sei, beim Anwalt liegen.
Die Rechtsprechung des BGH, die auf das Fünffache der gesetzlichen Gebühren abstellt, ist in der Praxis völlig untauglich. Dies gilt erst recht in Zivilsachen. Der BGH verkennt nämlich, dass die gesetzlichen Gebühren keineswegs angemessen sein müssen. Es ist auch nicht das Bestreben des Gesetzgebers, die Gebühren im RVG so zu regeln, dass die Tätigkeit des Anwalts immer angemessen vergütet wird. Gerade zu diesem Zweck gibt es ja die Möglichkeit, abweichende Vergütungsvereinbarungen zu treffen. Der Gesetzgeber hat sogar selbst erkannt, dass die gesetzlichen Wahlanwaltsgebühren eines Strafverteidigers nicht ausreichend sein können und hat in § 42 RVG die Bewilligung einer Pauschgebühr eingeführt, wenn seine gesetzlichen Höchstgebühren nicht ausreichen. In vielen Fällen sieht das Vergütungssystem zum Schutz des Mandanten bzw. des Kostenerstattungsschuldners soziale Komponenten vor. Dies gilt z.B. in der Zwangsvollstreckung, in der der Anwalt lediglich eine 0,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3309 VV RVG) erhält, die häufig nicht den Aufwand abdeckt. Erst recht gilt dies für die Streit- und Verfahrenswerte, die nach § 23 Abs. 1 RVG auch für den Anwalt gelten. So hat das Gesetz in vielen Fällen aus sozialpolitischen Gründen Streitwertbegrenzungen eingeführt, so etwa bei Ansprüchen auf Mieterhöhung oder Mängelbeseitigung (§ 41 Abs. 5 GKG). Insbesondere im Familienrecht befinden sich zahlreiche solcher sozialpolitisch motivierten Wertbegrenzungen, etwa 2.000 EUR für Abstammungsverfahren (§ 49 FamGKG) oder auch für Haushaltsverfahren (§ 48 Abs. 2 FamGKG), 1.000 EUR für einstweilige Anordnungen nach § 1 GewSchG oder gar 500 EUR für Kindergeldverfahren (§ 51 Abs. 3 FamGKG). Hier ist mitunter schon das Fünffache der gesetzlichen Gebühren noch nicht einmal angemessen. Die schematische Abwägung des BGH ist daher untauglich. Die Anwaltschaft wird jedoch bis auf Weiteres damit leben müssen.
Soweit Zeitvergütungen – in der Regel Stundensätze – vereinbart werden, dürfte sich das Problem des Überschreitens des Fünffachen der gesetzlichen Gebühren selten stellen. Solange der Stundensatz nicht unangemessen hoch ist, kann das Gesamtvolumen der Vergütung nicht unangemessen hoch sein, da es sich ja gerade nach dem Aufwand richtet.
Probleme werden sich – wie hier – bei Pauschalvereinbarungen ergeben. In diesen Fällen muss der Anwalt sich dann wohl oder übel zukünftig rechtfertigen. Der Anwalt ist daher gut beraten,...