I. Einleitung
Mietrecht und AGB-Recht sind eng miteinander verknüpft, da ca. 24,2 Mio. Mietwohnungen in Deutschland ganz überwiegend mittels eines Formularmietvertrags eines Verbands oder Verlags vermietet werden. Auf diese Verträge sind die §§ 305 ff. BGB anwendbar. Die Entwicklung des AGB-Rechts hat deshalb auch das Mietrecht in den letzten Jahren stark beeinflusst. Dabei ist die Überführung der Regelungen des AGB-Gesetzes ins BGB nicht so bedeutsam wie die Fortentwicklung der Rechtsprechung des BGH und der Instanzgerichte zur Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen. Die Kodifizierung des Transparenzgebots hat dessen Bedeutung hervorgehoben (Häublein WuM 2016, 468; Schumacher NZM 2003, 13; Heinrichs NZM 2003, 6).
II. Einbeziehungskontrolle
Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei einer anderen Vertragspartei bei Abschluss des Vertrags stellt (§ 305 Abs. 1 S. 1 BGB) und die wirksam in den Vertrag einbezogen wurden. Letzteres ist insbesondere bei überraschenden Klauseln gem. § 305c Abs. 1 BGB nicht der Fall.
Prüfungsschema: Vorliegen von AGB
1. |
Handelt es sich um AGB gem. § 305 Abs. 1 BGB? |
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Vorliegen tatsächlicher Vertragsbedingungen; keine bloßen Hinweise. |
□ |
Vorformulierung für eine Vielzahl von Fällen:
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Auch für den Fall zu bejahen, dass bei vorformulierten Bedingungen von Dritten (Verbänden/Verlagen) diese vom Verwender nur einmal benutzt werden? |
□ |
Bei Verbraucherverträgen, also Verträgen zwischen Unternehmer und Verbraucher, gelten die §§ 307–309 BGB gem. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB schon bei erstmaliger Verwendung. |
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□ |
Vom Verwender gestellt: Bei Verbraucherverträgen gelten die AGB regelmäßig als vom Unternehmer gestellt, § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB. |
2. |
Sind die AGB in den Vertrag einbezogen? |
□ |
Einbeziehung im Einzelfall, § 305 Abs. 2 BGB; |
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keine überraschende Klausel, § 305c Abs. 1 BGB. |
3. |
Keine Individualabrede i.S.d. § 305b BGB? |
III. Inhaltskontrolle
Der Inhalt einer Allgemeinen Geschäftsbedingung darf weder gegen eines der besonderen Klauselverbote der §§ 308, 309 BGB verstoßen noch gegen die Generalklausel des § 307 BGB.
Praxishinweis:
Von den besonderen Klauselverboten spielen im Mietrecht vereinzelt die Beschränkung der Haftung gem. § 309 Nr. 7 BGB und die Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen gem. § 309 Nr. 5 BGB (Mahngebühren!) eine Rolle. In der Regel ist der Prüfungsmaßstab aber bei mietvertraglichen Geschäftsbedingungen die Generalklausel in § 307 BGB.
Im Mietrecht gibt es eine Vielzahl von Klauseln, die der Inhaltskontrolle nicht standhalten und unwirksam sind.
Prüfungsschema: Inhaltskontrolle
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Keine Regelung der Leistungsbestimmungen, § 307 Abs. 3 BGB. |
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Kein Verstoß gegen ein benanntes Klauselverbot in §§ 309, 308 BGB. |
□ |
Die AGB enthält eine unangemessene Benachteiligung,
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weil sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist, § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Vergleichsmaßstab ist dabei die gesetzliche Regelung. |
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weil sie wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist, § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Dabei ist vom durchschnittlichen Erwartungshorizont des durchschnittlichen Kunden auszugehen. Betroffen sind sowohl Hauptleistungspflichten wie auch Neben- und Schutzpflichten, soweit sie von grundlegender Bedeutung sind. |
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Kein Verstoß der AGB gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB:
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AGB stellen Rechte und Pflichten ihrer Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar dar; |
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wirtschaftliche Nachteile und Belastungen sind soweit zu erkennen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann; |
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Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen sind so genau beschrieben, dass dem Verwender kein ungerechtfertigter Beurteilungsspielraum verbleibt; |
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die Beschreibung ist nachprüfbar, sie darf nicht irreführend sein. |
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Prüfungsmaßstab: Abzustellen ist auf die Erwartungen und Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners. |
IV. Rechtsprechungsübersicht zur Wirksamkeit formularvertraglicher Klauseln: Klausel-ABC
Nachfolgende Übersicht ermöglicht einen Überblick über formularvertragliche Klauseln aus der mietrechtlichen Praxis, über die richterlich bezüglich ihrer Wirksamkeit entschieden wurde. Die Darstellung erfolgt alphabetisch.
1. Änderungsvorbehalte
Klauselwortlaut |
Ergebnis |
Prüfungsmaßstab |
Die Miete kann nach derzeitiger Rechtslage umsatzsteuerpflichtig sein. Wir behalten uns vor, die Umsatzsteuer nach zu erheben, wenn sich durch höchstrichterliche Urteile, Steuerbescheid oder ähnliches herausstellt, dass die Steuerpflicht auch für den vorliegenden Fall zutrifft. (OLG Brandenburg, 4.7.2012 – 7 U 204/11, GE 2012, 1375 = MietRB 2012, 346 = Info M 2012, 476 = MM 2013, Nr. 1/2, 36) |
unwirksam |
§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB |
Zur Aufrechterhaltung der Ordnung und für die Benutzung der Gemeinschaftsanlagen gilt die Haus- und Garagenordnung auf Seite 11. Sie ist Bestandteil dieses Vertrags. Änderungen dieser Ordnungsvorschriften sind dem Vermieter gestattet, wenn sachliche Gründe dies erford... |