Als besondere Ausprägung der Schadensminderungspflicht aus § 254 Abs. 2 BGB begrenzt der Gesetzgeber in § 4 Abs. 5 RDGEG die Erstattungsfähigkeit der Inkassokosten. Die Inkassokosten von Personen, die Inkassodienstleistungen erbringen, ist danach für außergerichtliche Inkassodienstleistungen, die eine nicht titulierte Forderung betreffen, auf die Höhe der einem Rechtsanwalt nach den Vorschriften des RVG zustehenden Vergütung erstattungsfähig. Es ist also eine Vergleichsrechnung anzustellen. Vorgerichtlich steht dem Rechtsanwalt eine 0,5- bis 2,5-Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG zu, wobei die 1,3-Schwellengebühr nach der Anm. zu Nr. 2300 VV RVG zu beachten ist.
Hinweis:
Die insbesondere von den Verbraucherzentralen immer wieder vorgebrachte Auffassung, eine Inkassodienstleistung sei jedenfalls mit dem ersten Schreiben allenfalls als einfaches Schreiben nach Nr. 2301 VV RVG zu vergüten, wurde durch die Entscheidung des BGH vom 17.9.2015 die Grundlage entzogen (BGH, Urt. v. 17.9.2015 – IX ZR 280/14). Dem stimmt auch die obergerichtliche Rechtsprechung zu (vgl. nur aktuell OLG Brandenburg, Urt. v. 7.8.2018 – 6 U 81/16). Nicht nur, dass es nach dem Wortlaut von Nr. 2301 VV RVG auf den Auftrag und nicht den Inhalt des Schreibens ankommt, darf nicht vom Produkt – dem Schreiben – auf den tatsächlichen Umfang der Tätigkeit geschlossen werden.
Der konkrete Gebührensatz ist – auf der Vergleichsebene – nach Maßgabe des § 14 RVG zu bestimmen. Bei durchschnittlichen Fällen ist innerhalb des Rahmens von der Mittelgebühr (1,5) auszugehen, die durch die Schwellengebühr (1,3) schon abgesenkt ist. Die Ermessensausübung steht dabei dem Inkassodienstleister – wie dem Rechtanwalt – zu (das OLG Brandenburg überträgt die Entscheidung des BGH vom 17.9.2015, a.a.O., aufgrund der Anlehnung an das RVG in § 4 Abs. 5 RDGEG auch auf Inkassodienstleister), wobei ergänzend die Toleranzrechtsprechung (vgl. nur BGH NJW 2011, 1603) zu berücksichtigen ist, d.h. eine Abweichung des angesetzten Gebührensatzes vom berechtigten Gebührensatz von bis zu 20 % bleibt ohne Folge, wenn es nicht um die Überwindung der Schwellengebühr geht, wo die Toleranzrechtsprechung keine (hierzu BGH NJW 2012, 2813) Anwendung findet.
Praxishinweis:
Die Praxis zeigt, dass Rechtsanwälte in durchschnittlichen Inkassofällen eine 1,3-Geschäftsgebühr erheben. Dies ist nicht zu beanstanden und wird dem Geleichbehandlungsgrundsatz entsprechend auch Inkassounternehmen nicht zu verwehren sein. Gerade die neueren Anforderungen an den Datenschutz, an die Geldwäscheprävention, die Vermeidung von Personenverwechslungen (Identitätsdiebstahl), die Erfüllung von Informationspflichten (§ 11a RDG) oder die Abfrage von verschiedenen Registern und Auskunftsstellen zur Leistungsfähigkeit des Schuldners, die allesamt neben die eigentliche Rechtsprüfung treten, rechtfertigen dies. Wenn der Schuldner auf die Gläubigermahnung nicht reagiert hat, ist die Einholung ergänzender Auskünfte zweckmäßig und erforderlich, um das negative Zahlungsverhalten zu ergründen. Dass sich so bei kleineren Hauptforderungen ein optisches Missverhältnis zu den Rechtsverfolgungskosten ergeben kann, ist bedauerlich, aber kein sachgerechter Einwand gegen die Erstattungsfähigkeit der Vergütung des Rechtsanwalts oder des Inkassodienstleisters. All dies wäre zu vermeiden, wenn der Schuldner solche geringen Forderungen spätestens auf die Gläubigermahnung hin ausgleicht oder seine mangelnde Leistungsfähigkeit zumindest kommuniziert und im Zweifel nachweist.
Wie § 4 Abs. 5 RDGEG zeigt, kann die Erstattungsfähigkeit von Inkassokosten also nur in dem Maße begrenzt werden, wie auch die anwaltliche Vergütung innerhalb des von Nr. 2300 VV RVG begrenzt wird. Neben den Gebühren sind auch die Auslagen nach Maßgabe des 7. Abschnitts des Vergütungsverzeichnisses zum RVG zu berücksichtigen. Die Erstattungsfähigkeit von pauschalen Auslagen für Post- und Telekommunikationsaufwendungen im Umfang der Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG ist als unproblematisch zu betrachten. Gleiches gilt bei einem nicht vorsteuerabzugsberechtigten Gläubiger für die Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG. Inwieweit weitere Auslagen zu berücksichtigen sind, bestimmt sich dann nach der Vorbem. 7 Abs. 1 VV RVG i.V.m. §§ 675, 670 BGB.
Hinweis:
Am häufigsten anzutreffen sind sicherlich Adressermittlungskosten, weil es im Mahnprozess des Gläubigers oder beim Inkassounternehmen zu Postrückläufern gekommen ist und die aktuelle Anschrift des Schuldners unbekannt ist. Ist der Verzug aufgrund einer Rücklastschrift im Einzelhandel eingetreten, muss häufig auch erst einmal die Identität des Schuldners – mangels Auskunftsanspruch gegen die Kreditinstitute sehr aufwendig und teuer – ermittelt werden.