Die Inkassodienstleistung ist in § 2 Abs. 2 RDG als eine besondere Form der Rechtsdienstleistung definiert. Rechtsdienstleistung ist nach § 2 Abs. 1 RDG jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert. Rechtsdienstleistung ist, unabhängig vom Vorliegen dieser Voraussetzungen aber auch die Einziehung fremder oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen, wenn die Forderungseinziehung als eigenständiges Geschäft betrieben wird. Das Gesetz bezeichnet diese Dienstleistung ausdrücklich als Inkassodienstleistung. Die Erbringung dieser Dienstleistung steht nach § 3 RDG allerdings unter einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Erst die Registrierung als Inkassodienstleister nach §§ 10 ff. RDG gibt diese Erlaubnis. Insoweit werden Inkassounternehmen zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen "zugelassen".
Hinweis:
Soweit zu ersehen werden die Begriffe der Registrierung und Zulassung synonym verwandt. So spricht etwa auch das OLG Frankfurt (Urt. v. 1.4.2009 – 19 U 228/08) von einem zugelassenen Inkassounternehmen. Das OLG Bamberg lässt die Bezeichnung als "zugelassenes Inkassounternehmen" sogar ausdrücklich zu (Beschl. v. 12.6. u. 20.7.2017 – 3 U 161/17, zfm 2017, 200). Da § 3 RDG ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt normiert, dürfte der Begriff "Zulassung" näher liegen, weil eine Erlaubnis i.S.d. § 3 RDG erteilt wird. Auch sprechen die Prüfkriterien der §§ 10 ff. RDG dafür, dass die Aufnahme der Inkassotätigkeit nicht nur zur Kenntnis genommen wird. Es findet eine Prüfung der persönlichen Eignung und Zuverlässigkeit statt.
Dass Inkassounternehmen Rechtsdienstleistungen erbringen können, hat schon das BVerfG in zwei zentralen Entscheidungen festgestellt (BVerfG v. 20.2.2002 – 1 BvR 423/99, 1 BvR 821/00 u. 1 BvR 1412/01, NJW 2002, 1190; BVerfG v. 14.8.2004 – 1 BvR 725/03, NJW-RR 2004, 1570). Die Entscheidungen waren Ausgangspunkt für die Reform des Rechtsberatungsrechts, die einerseits das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) und andererseits die Regelungen über die Postulationsfähigkeit von Inkassounternehmen in gerichtlichen Verfahren nach § 79 Abs. 2 Nr. 4 ZPO sowie §§ 174, 305 InsO zum 1.7.2008 mit sich gebracht hat. Dieser Wandel in der rechtlichen Ausgangslage wird in der Rechtsprechung – insbesondere der Amts- und Landgerichte – nicht immer hinreichend berücksichtigt.
Praxishinweis:
Bei der Heranziehung von Rechtsprechung vor dem 1.7.2008 ist Vorsicht geboten und es muss jeweils geprüft werden, ob diese noch mit der aktuellen Gesetzeslage in Einklang steht.
Soweit fremde oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretene Forderungen von registrierten Inkassounternehmen eingezogen werden, stehen sie also den Rechtsanwälten gleich, die gleichsam als weiterer Rechtsdienstleister solche Inkassoleistungen anbieten. Allerdings ist durchaus zu sehen, dass viele Rechtsanwälte sich aufgrund der geringen Streitwerte und des im Verhältnis dazu nicht unerheblichen Aufwands, die Vielzahl der Forderungen sachgerecht zu übernehmen, datenschutzrechtlich unbedenklich zu verwalten und in der Einzelkommunikation mit dem Schuldner einzuziehen für solche Forderungen nicht unbedingt "interessieren".
Das hat auch der Gesetzgeber erkannt und deshalb zuletzt (BT-Drucks 18/9521, S. 217 zur Begründung der Streichung von § 4 Abs. 5 S. 2 RDGEG, wo zuvor eine Verordnungsermächtigung für eine Inkassovergütungsverordnung vorgesehen war (zu deren Verfassungswidrigkeit vgl. nur Papier zfm 2015, 3), ausgeführt:
Zitat
"Die unterschiedliche Behandlung von nichtanwaltlichem und anwaltlichem Inkasso, die dadurch entsteht, dass die Ersatzfähigkeit von Inkassokosten nur beim nichtanwaltlichen Inkasso durch Höchstsätze beschränkt werden kann, begegnet verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf das Gleichheitsgebot des Art. 3 GG. Inkassodienstleistungen, die von Inkassodienstleistern erbracht werden, unterscheiden sich nicht von Inkassodienstleistungen, die Rechtsanwälte erbringen. Deshalb gelten, wie dargestellt, die Gebühren nach dem RVG gleichermaßen als Obergrenze bei der Kostenerstattung sowohl für das anwaltliche als auch für das nichtanwaltliche Inkasso. Auch für Höchstsätze zur weiteren Begrenzung der Kostenerstattung durch den Schuldner müssen einheitliche Regelungen bestehen. Grundsätzlich ersatzfähig sind notwendige Rechtsverfolgungskosten (§§ 280, 286, 249 ff. BGB). Für die Höhe der notwendigen Rechtsverfolgungskosten kommt es darauf an, ob Inkassotätigkeiten erforderlich sind, nicht jedoch darauf, ob solche erforderlichen Dienstleistungen von Inkassodienstleistern oder – identisch – von Rechtsanwälten erbracht werden."
Die Erkenntnis der Gleichstellung von anwaltlichem und nichtanwaltlichem Inkasso ist für die Übertragung von verfassungsrechtlichen und höchstrichterlichen Entscheidungen zum Inkassokostenrecht von wesentlicher Bedeutung und deren Grundlage.