Für die Frage nach der Berechtigung des Anspruchs auf Erstattung von Inkassokosten ist es zentral, zwischen dem Auftragsverhältnis einerseits und dem Erstattungsverhältnis andererseits zu unterscheiden. Im Auftragsverhältnis stehen sich der Gläubiger und der Rechtsdienstleister gegenüber, im Erstattungsverhältnis der Gläubiger und der Schuldner. Das Inkassounternehmen hat also nach der gesetzlichen Ausgangslage gar keinen unmittelbaren Anspruch gegen den Schuldner auf Inkassokosten. Vielmehr stellen die Inkassokosten die Rechtsverfolgungskosten des Gläubigers aus dem Auftragsverhältnis dar, deren Erstattung er von dem Schuldner dann im Erstattungsverhältnis verlangt, wobei das Inkassounternehmen den Anspruch als Vertreter geltend macht.
1. Inkassovertrag
Der Inkassovertrag ist wie der Anwaltsvertrag ein Geschäftsbesorgungsvertrag mit Dienstleistungscharakter nach §§ 675, 611 BGB (BGH NJW-RR 2005, 642; Teichmann, in: Beck-OK BGB, Stand 1.8.2018, § 675 Rn 86 m.w.N. aus der Literatur). Er ist Grundlage des Vergütungsanspruchs des Inkassounternehmens gegen den Auftraggeber und Gläubiger. Mangels einer vertraglichen Regelung sind ergänzend also die in § 675 BGB genannten Vorschriften des Auftragsrechts nach §§ 662 ff. BGB sowie des Dienstleistungsrechts nach §§ 611 ff. BGB zur Anwendung zu bringen.
2. Inkassovergütung
Entsprechend § 2 Abs. 2 RDG erbringt der registrierte Inkassodienstleister seine Dienstleistung als "eigenständiges Geschäft", so dass von der grundsätzlichen Entgeltlichkeit i.S.d. § 612 Abs. 1 BGB auszugehen ist. Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach § 612 Abs. 2 BGB. Wie die Vergütung benannt wird, ist gesetzlich nicht allgemein geregelt. Insbesondere gibt es keinen gesetzlichen Schutz der Begriffe "Gebühr" und "Auslage". Die Begriffe stehen synonym für das Tätigkeitsentgelt und die Aufwendungen. Die Vertragsparteien – Gläubiger und Inkassounternehmen – sind frei, wie sie die Vergütung vertraglich bezeichnen. In § 1 Abs. 1 S. 1 RVG ist die Vergütung legal definiert als die Summe aus "Gebühren und Auslagen". Der Begriff der Gebühr wird aber auch im öffentlichen Recht als Synonym für das Entgelt für die eigentliche Tätigkeit der Behörde verwandt. Auch bei Ärzten, Steuerberatern etc. wird regelmäßig von Gebühren gesprochen. Im privaten Bereich kennen wir die Parkplatz-, Konto- oder Beratungsgebühr, um nur einige Beispiele zu nennen. Vor dem Hintergrund der Vergleichbarkeit der Rechtsverfolgungskosten bei anwaltlichem und nichtanwaltlichem Inkasso nach § 4 Abs. 5 RDGEG erscheint es grundsätzlich wünschenswert, dass auch Inkassokosten in dieser Systematik dargestellt werden.
Beispiel:
Dem Schuldner bringt es keine Transparenz, wenn ihm nur mitgeteilt wird: Inkassokosten 78,20 EUR. Dagegen wird die Überprüfung der Berechtigung der Inkassokosten am Maßstab des § 4 Abs. 5 RDGEG sehr viel transparenter, wenn sie wie folgt dargestellt werden.
Gegenstandswert: 452 EUR |
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Geschäftsgebühr entsprechend Nr. 2300 VV RVG nach Maßgabe der vertraglichen Vereinbarung mit dem Gläubiger |
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58,50 EUR |
Post- und Telekommunikationspauschale entsprechend Nr. 7002 VVRVG nach Maßgabe der vertraglichen Vereinbarung mit dem Gläubiger |
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11,70 EUR |
Adressermittlungskosten entsprechend §§ 675, 611, 670 BGB |
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8,00 EUR |
gesamt |
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78,20 EUR |
Nach § 612 Abs. 2 BGB gilt das Primat der vertraglichen Vergütungsabrede. Der Vertrag unterliegt der Privatautonomie und ist außerhalb der allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen für Verträge berufsrechtlich nicht reglementiert. Anders als der Rechtsanwalt, der nach § 49b BRAO bestimmten Begrenzungen in der Vergütungsvereinbarung unterliegt, sind das Inkassounternehmen und der Gläubiger in der Vereinbarung der Vergütung völlig frei. Lediglich § 138 BGB oder auch die Regelungen über AGB in §§ 307 ff. BGB stellen Grenzen dar.
Nicht zuletzt von den nach Vergleichbarkeit strebenden Gläubigern getrieben, lässt sich schon zu Zeiten der BRAGO, verstärkt aber seit Einführung des RVG feststellen, dass auch Inkassoverträge das RVG zur Grundlage von Vergütungsvereinbarungen machen. Dieser Trend hat sich seit dem Jahre 2008 mit der Einführung des Rechtsdienstleistungsgesetzes und der Annäherung der beiden Rechtsdienstleister noch weiter verfestigt. Seit der Einführung von § 4 Abs. 5 RDGEG und damit der ausdrücklichen Deckelung der Inkassokosten in Höhe der vergleichbaren Rechtsanwaltskosten dürfte die Vergütung entsprechend dem RVG der Standard sein. So zeigt etwa der – wenn auch weitgehend fragwürdige – Bericht zur Evaluierung des Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken ( https://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/Service/StudienUntersuchungenFachbuecher/Evaluierung_unserioese_Geschaeftspraktiken_Schlussbericht.pdf;jsessionid=DAE9F4B81F8E52AF4288A450A7AAFD8A.1_cid334?__blob=publicationFile&v=1; krit. zu den Erhebungen und Ergebnissen des Berichts Krämer zfm 2018, 179; Berg zfm 2018, 183), dass alle untersuchten Inkassounternehmen entsprechend der Bestimmungen des RVG abgerechnet haben.
Um besondere Leistungsanreize zu setzen, wird nicht selt...