Der BGH hat u.a. in seinem Beschluss vom 6.11.2018 (5 StR 486/18, StRR 12/2018, 3 = NStZ-RR 2019, 27; vgl. auch noch z.B. BGH, Beschl. v. 9.10.2018 – 1 StR 425/18, NStZ-RR 2019, 57) noch einmal zur Belehrung nach § 257c Abs. 5 StPO in Zusammenhang mit dem Zustandekommen einer Verständigung Stellung genommen – Stichwort: Reihenfolge. Grundlage der Entscheidung war folgendes Verfahrensgeschehen: In der Hauptverhandlung hatte der Vorsitzende in einem ersten Hauptverhandlungstermin nach Verlesung der Anklageschrift, der Belehrung der Angeklagten über ihre Aussagefreiheit und nach der Erklärung ihrer Aussagebereitschaft ein Rechtsgespräch angeregt. Über das während einer Verhandlungspause geführte Gespräch zwischen den Kammermitgliedern, der Vertreterin der Staatsanwaltschaft und der Verteidigerin teilte der Vorsitzende in der fortgesetzten Verhandlung ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls mit, es habe "im Ergebnis eine vom Vorsitzenden angeregte Verständigung nach § 257c StPO ergeben, wonach die Kammer der Angeklagten im Falle eines glaubhaften Geständnisses im Sinne der Anklage die Zusage gibt, auf eine Freiheitsstrafe von nicht weniger als drei Jahren und zwei Monaten und höchstens drei Jahren und acht Monaten zu erkennen". Sodann stimmten die Vertreterin der Staatsanwaltschaft, die Verteidigerin und die Angeklagte dem Verständigungsvorschlag zu. Anschließend belehrte der Vorsitzende die Angeklagte (§ 257c Abs. 5 StPO i.V.m. § 257c Abs. 4 StPO), die danach den Anklagevorwurf im Wesentlichen einräumte. Maßgeblich hierauf stützte die Strafkammer die noch am selben Hauptverhandlungstag erfolgte Verurteilung der Angeklagten.
Der BGH (a.a.O.) hat in diesem Verfahrensablauf eine fehlerhafte Anwendung der Vorschrift des § 257c Abs. 5 StPO gesehen, da die Belehrung über die in § 257c Abs. 4 StPO geregelte Möglichkeit eines Entfallens der Bindung des Gerichts verspätet erteilt worden sei. § 257c Abs. 5 StPO sei dahingehend zu verstehen, dass ein Angeklagter vor der Verständigung über die Voraussetzungen und Folgen der nach § 257c Abs. 4 StPO möglichen Abweichung des Gerichts von dem in Aussicht gestellten Ergebnis zu belehren ist. Damit solle die Fairness des Verständigungsverfahrens gesichert und zugleich die Autonomie des Angeklagten in weitem Umfang geschützt sowie einer Gefährdung der Selbstbelastungsfreiheit vorgebeugt werden, die mit der Aussicht auf eine das Gericht bindende Zusage einer Strafobergrenze und der dadurch begründeten Anreiz- und Verlockungssituation einhergehen könne. Der grundlegenden Bedeutung der Belehrungspflicht für die Fairness des Verfahrens und die Selbstbelastungsfreiheit sei nur dann Rechnung getragen, wenn der Angeklagte vor dem Eingehen einer Verständigung, deren Bestandteil das Geständnis ist, vollumfänglich über die Tragweite seiner Mitwirkung an der Verständigung informiert sei (vgl. BVerfGE 133, 168, 224 f., 237 = StRR 2013, 179; BGH StRR 2011, 210; NJW 2017, 1626 m.w.N.). Hier habe aber der Vorsitzende der Strafkammer die Belehrung nach § 257c Abs. 5 StPO nicht im Anschluss an den Verständigungsvorschlag des Gerichts erteilt, sondern erst nach der Verständigung. Eine solche komme – wie ausweislich der hierzu im Hauptverhandlungsprotokoll getroffenen Feststellung offenbar verkannt worden sei – nicht erst mit der Belehrung zustande, sondern bereits durch die Zustimmungserklärungen gem. § 257c Abs. 3 S. 4 StPO.
Hinweis:
Der BGH hat in der letzten Zeit häufiger zur Belehrung (§ 257c Abs. 5 StPO) bei der Verständigung Stellung genommen. Die Entscheidung ruft noch einmal die richtige Reihenfolge beim Verfahren ins Gedächtnis: Die Belehrung muss vor dem Zustandekommen der Verständigung erteilt werden, da es ihr Sinn und Zweck ist, den Angeklagten über die in einer Verständigung und dem von ihm im Rahmen der Verständigungen abgelegten Geständnis lauernden Gefahren zu informieren (zum Verfahren bei der Verständigung Burhoff, HV, Rn 244 ff., zur Belehrung Rn 270 ff. m.w.N.).
Ist diese Reihenfolge nicht eingehalten, liegt ein Verstoß gegen § 257 Abs. 5 StPO vor, der allerdings geheilt werden kann. Dazu ist aber (vgl. BGH NJW 2017, 1626 m.w.N.) eine rechtsfehlerfreie Wiederholung des "Verständigungsverfahrens" erforderlich. Dafür muss ausdrücklich auf den Fehler und auf die daraus folgende gänzliche Unverbindlichkeit der Zustimmung des Angeklagten hingewiesen und die versäumten Belehrung nach § 257c Abs. 5 StPO nachgeholt und eine nunmehr verbindliche Zustimmungserklärung des Angeklagte eingeholt werden. Das entspricht einer "qualifizierten Belehrung" (vgl. BGH a.a.O.).