Die Formulierung eines Unterlassungsantrags zählt zu den schwierigen Aufgaben bei der Prozessvertretung. Während es ein zu eng abgestecktes Unterlassungsbegehren dem Schuldner ermöglicht, den Verbotsbereich des Titels durch geringfügige Änderungen seines Verhaltens zu verlassen, bringt ein zu weit gefasster Antrag Bestimmtheitsprobleme (vgl. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) und somit auch das Risiko einer (Teil-)Abweisung der Klage mit sich. Der Antrag steckt den Streitgegenstand fest und zeichnet vor, was Gegenstand der Zwangsvollstreckung (§ 890 ZPO) werden soll. Erforderlich ist ein bestimmter Antrag auch deshalb, weil es dem Schuldner anderenfalls nicht möglich wäre, sich zu vergewissern, was ihm verboten werden soll bzw. evtl. einsetzen: verboten ist. Um diesen Aufgaben gerecht zu werden, darf der Verbotsantrag nicht derart undeutlich gefasst sein, dass sich der Schuldner nicht erschöpfend verteidigen kann und evtl. ergänzen: damit die Feststellung, was ihm verboten ist, im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht überlassen wäre (BGH GRUR 2019, 813, Rn 23 – Cordoba II).
Diese generellen Anforderungen lassen sich zu folgenden Regeln und Faustformeln konkretisieren:
- Obwohl der Unterlassungsanspruch nur zukunftsgerichtet ist, ist bei der Antragsformulierung in die Vergangenheit zu blicken. Das Unterlassungsbegehren ist strikt auf die bereits erfolgte, konkrete Verletzungshandlung zu beschränken bzw. an dieser festzumachen (BGH GRUR 2018, 1161 – Hohlfasermembranspinnanlage II).
- Die Anforderungen an die Bestimmtheit von Anträgen gelten nicht absolut. Sie sind stattdessen in einer Abwägung des Interesses des Klägers an einem effektiven Rechtsschutz gegen das Interesse des Beklagten an erschöpfender Verteidigung, Rechtsklarheit und Rechtssicherheit zu bestimmen (BGH GRUR 2017, 79, Rn 24 – Segmentstruktur; GRUR 2003, 228 – P-Vermerk).
- Auslegungsbedürftige Antragsformulierungen sind grds. problematisch. Sie können aber hinzunehmen sein, wenn dies zur Gewährleistung des Rechtsschutzes gegen eine unzulässige geschäftliche Handlung erforderlich erscheint, was die Rechtsprechung insb. bei belästigenden Werbepraktiken angenommen hat (vgl. BGH GRUR 2007, 607, Rn 16 – Telefonwerbung für „Individualverträge”). Auslegungsbedürftige Begriffe wie z.B. „ermöglichen” (vgl. BGH GRUR 2019, 813, Rn 26 ff. – Cordoba II) oder „benutzen” (in Bezug auf eine Marke, vgl. BGH GRUR 2016, 936, Rn 15 – Angebotsmanipulation bei Amazon) sind zumindest dann unschädlich, wenn ihr Sinngehalt aus der Klagebegründung hinreichend deutlich wird.
- Unterlassungsanträge, die lediglich den Wortlaut der ihnen zugrundeliegenden gesetzlichen Vorschriften wiederholen, sind grds. unbestimmt und somit unzulässig (BGH GRUR 2019, 813, Rn 23 – Cordoba II; GRUR 2007, 607, Rn 16 – Telefonwerbung für „Individualverträge”; NJW 2000, 1792). Dies beruht auf der Überlegung, dass Normtatbestände ihrer Natur nach abstrakt und somit gerade nicht auf den konkreten Einzelsachverhalt zugeschnitten sind.
- In Ausnahmefällen lässt die Rechtsprechung trotzdem gesetzeswiederholende Anträge zu. Dies kann aber nur dann der Fall sein, wenn der Gesetzeswortlaut dem Beklagten ein klares Verbot aufgibt. Die Bestimmtheit kann sich hierbei aus dem eindeutigen Normwortlaut, dessen gefestigter Auslegung oder aus den ergänzenden Angaben des Klägers in der Begründung ergeben. Die Bejahung der Bestimmtheit setzt hierbei allerdings grds. voraus, dass die Parteien übereinstimmend davon ausgehen, dass das beanstandete Verhalten das fragliche Tatbestandsmerkmal erfüllt (BGH GRUR 2014, 791, Rn 13 – Teil-Berufsausübungsgemeinschaft).
- Um den Verletzungsgegenstand und die konkreten Beanstandungen zu verdeutlichen, macht es regelmäßig Sinn, die konkrete Verletzungsform bildlich darzustellen (z.B. als Bildschirmablichtung oder Fotokopie der angegriffenen Veröffentlichung) und vorgelagert zu umschreiben, in welcher Hinsicht die Verletzungsform beanstandet wird (z.B. „es zu unterlassen, durch Gestaltung eines Buchtitels den Eindruck zu erwecken, ein Buch enthalte einen vollständigen Abdruck des BGB, wenn dies erfolgt wie nachstehend wiedergegeben”). Allerdings ist es weder zwingend erforderlich, dass der Antrag eine bildliche Wiedergabe des Verletzungsobjekts enthält, noch dass der Antrag eine Umschreibung der Verletzungshandlung vorsieht (BGH GRUR 2013, 951, Rn 11 – Regalsystem; GRUR 2018, 1161 – Hohlfasermembranspinnanlage II).
Aus diesen Faustregeln ergibt sich, dass konturlose, gesetzeswiederholende Formulierungen im Sachantrag möglichst vermieden werden sollten. Zu solchen Formulierungen hat sich mittlerweile eine breite Judikatur entwickelt:
- Unzulässig sind Sachanträge, die vor die Verletzungsform das Vergleichspartikel „ähnlich wie” („sich identisch oder ähnlich wie nachstehend wiedergegeben über den Kläger zu äußern”) oder andere aufweichende Formulierungen setzen. Eine solche Antragsfassung würde nämlich die Bestimmung der Grenze zwischen „ähnlichen” oder „nicht mehr ähnlichen” Äußerungen dem Vollstreckungsger...