Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) hat sich kürzlich mit der – bislang umstrittenen – Frage auseinandergesetzt, ob Syndikusanwälte und -anwältinnen Schriftsätze an ein Gericht wirksam über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) mit der dort gebräuchlichen einfachen elektronischen Signatur einreichen können. Anlass für die BRAK, sich mit dieser Frage auseinanderzusetzen, ist eine aktuelle Entscheidung des Arbeitsgerichts Stuttgart (Beschluss v. 15.12.2021 – 4 BV 139/21). Das Arbeitsgericht kam zu dem Ergebnis, dass der Schriftsatz einer Syndikusrechtsanwältin, mit dem sie für ihren Verband einen Antrag auf Zustimmungsersetzung nach § 99 Abs. BetrVG per beA-Schriftsatz mit einfacher elektronischer Signatur zurückgenommen hatte, wirksam bei Gericht eingereicht worden war.
Die Frage ist in der Literatur allerdings umstritten und höchstrichterlich noch nicht geklärt. Ein Teil der Literatur vertritt die Auffassung, dass Syndikusrechtsanwälte, die einen Verband vor Gericht vertreten, prozessual nicht selbst gegenüber dem Gericht handeln; vielmehr handele nur der Verband, für den sie tätig seien. Wenn der Syndikus in einem solchen Verfahren sein beA einsetze, fielen also versendende Person (Syndikusrechtsanwalt) und verantwortende Person (Verband) auseinander mit der Folge, dass der Syndikusrechtsanwalt jeweils eine qualifizierte Signatur anbringen müsse (§ 46c Abs. 3 S. 1 Alt. 2 ArbGG).
Die wohl herrschende Meinung, der sich auch das eingangs genannte Arbeitsgericht Stuttgart angeschlossen hat, sieht in solchen Fällen allerdings eine echte Prozessvertretung nach § 78 ZPO gegeben und will auch Syndikusrechtsanwälte bei der Verwendung ihres beA von der gesetzlich vorgesehenen Privilegierung der Nutzung des sicheren Übermittlungsweges, die das beA bereitstellt, profitieren lassen, d.h. dass auch bei ihnen die einfache elektronische Signatur der Schriftsätze ausreichen soll.
Solange diese Streitfrage höchstrichterlich nicht geklärt ist, sieht die BRAK die handelnden Syndizi in einem "Spannungsverhältnis zwischen der gesetzlichen Pflicht zur elektronischen Einreichung" und dem Risiko, dass die Einreichung trotz des sicheren Übermittlungswegs, den das beA darstellt, unwirksam ist. Die Kammer empfiehlt deshalb den handelnden Syndizi, angesichts der Nutzungspflicht den elektronischen Weg zur Einreichung zwar zu nutzen. Bis zur abschließenden Klärung der Frage durch die Rechtsprechung solle aber rein vorsorglich eine qualifizierte elektronische Signatur angebracht werden, auch wenn ein Schriftsatz eigenhändig aus dem eigenen beA an ein Gericht gesandt werde.
[Quelle: BRAK]