Mit dem Folgenbeseitigungsanspruch verfolgt der Bürger als Anspruchsteller die Wiederherstellung des früheren Zustandes. Wenn der reine Geldersatz, den er über Amtshaftungs- oder Entschädigungsansprüche erzielen kann, für den Betroffenen nicht das maßgebliche Ziel ist, sondern er die Beseitigung von Verwaltungshandeln – die Herstellung des status quo ante – begehrt, ist dies über das Rechtsinstitut des Folgenbeseitigungsanspruchs möglich. Dabei kann begrifflich unterschieden werden, ob die Beseitigung von Folgen eines Verwaltungsaktes (Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch) oder von sonstigem Verwaltungshandeln (allgemeiner Folgenbeseitigungsanspruch) begehrt wird. Für die tatbestandlichen Voraussetzungen ist diese Differenzierung allerdings unbedeutend. Für die Praxis von geringerer Bedeutung sind auch die Unterschiede in der dogmatischen Herleitung des Folgenbeseitigungsanspruchs. Ob sich dieser aus einer Analogie zu §§ 1004, 862 BGB, dem Rechtsstaatsprinzip, dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, den Freiheitsgrundrechten (allgemeines Persönlichkeitsrecht, Art. 2 Abs. 1 GG; Leben und Gesundheit, Art. 2 Abs. 2 GG; Eigentum, Art. 14 GG) oder der Rechtsschutzgarantie ableitet, kann dahinstehen, da dessen gewohnheitsrechtliche Anerkennung insgesamt außer Frage steht. Die verschiedenen Herleitungsvarianten haben auch keine Auswirkungen auf die Prüfung der maßgeblichen Tatbestandsvoraussetzungen.
Aufbauschema:
Anspruchsgrundlage: gewohnheitsrechtlich anerkannt
Tatbestandliche Voraussetzungen:
- Hoheitlicher Eingriff
- Betroffenheit eines subjektiven Rechts
- Schaffung eines rechtswidrigen andauernden Zustandes
- Haftungsbegründende Kausalität zwischen Eingriff und Zustand
Kein Ausschlussgrund
- Unmöglichkeit
- Unzumutbarkeit
- Verlangen darf keine unzulässige Rechtsausübung darstellen
Rechtsfolgen:
- Wiederherstellung des status quo ante
- Haftungsausfüllende Kausalität: Beseitigung der zurechenbaren Folgen
a) Voraussetzungen
Der Folgenbeseitigungsanspruch ist ein gewohnheitsrechtlich anerkanntes Rechtsinstitut. § 113 Abs. 1 S. 2 VwGO benennt zwar einen konkreten Fall, den Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch, mit dem die Folgen eines Verwaltungsaktes beseitigt und rückgängig gemacht werden können. Jedoch stellt § 113 Abs. 1 S. 2 VwGO keine materielle Anspruchsgrundlage dar, sondern betrifft nur dessen prozessuale Durchsetzbarkeit als Annexantrag zur Anfechtungsklage.
Hinweise:
Es gibt allerdings auch spezialgesetzliche geregelte "Folgenbeseitigungsansprüche": Diese finden sich häufig im polizei- und ordnungsrechtlichen Kontext. So findet sich in § 46 Abs. 1 PolG NRW bspw. der Herausgabeanspruch für eine sichergestellte Sache nach Wegfall der Sicherstellungsvoraussetzungen. Ähnliche Regelungen betreffen die Vernichtung von polizeilichen Unterlagen (§ 14 Abs. 2 PolG NRW) oder die Löschung, Sperrung und Berichtigung von personenbezogenen oder erkennungsdienstlichen Daten (§ 32 PolG NRW).
Tatbestandlich setzt der Anspruch voraus, dass durch einen hoheitlichen Eingriff in ein subjektives Recht ein rechtswidriger, noch andauernder Zustand geschaffen wurde. Ob ein hoheitliches Handeln vorliegt, ist erneut mit den allgemeinen Abgrenzungskriterien zum privatrechtlichen Handeln zu beantworten.
Hinweis:
Liegt ein privatrechtlicher Eingriff durch einen Hoheitsträger vor – z.B. eine Immission einer privatrechtlich betriebenen Einrichtung – ist ein privatrechtlicher Anspruch unmittelbar aus § 1004 BGB gegen den Betreiber denkbar.
Da auf Rechtsfolgenseite die Wiederherstellung des früheren Zustandes begehrt wird, kann der Eingriff nur in positivem Tun des Staates begründet sein. Ein (qualifiziertes) Unterlassen ist für die Konstellation des Folgenbeseitigungsanspruchs nicht ausreichend, sodass für ein solches Begehren der öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch zielführend ist.
Das subjektive Recht, in welches eingegriffen werden muss, kann sich aus einfach-gesetzlichen Vorschriften oder aus Grundrechten ergeben.
Der Eingriff in ein subjektives Recht muss zu einem rechtswidrigen, noch andauernden Zustand führen. Maßgeblich ist die Rechtswidrigkeit des Zustandes (Erfolgsunrecht) und nicht die Rechtswidrigkeit der hoheitlichen Maßnahme (Handlungsunrecht), wobei das Handlungsunrecht regelmäßig das Erfolgsunrecht indiziert. Jedenfalls ist der Zustand rechtswidrig, wenn den Bürger keine Duldungspflicht trifft. Eine solche Duldungspflicht kann sich aus gesetzlichen Regelungen, einem Verwaltungsakt oder öffentlich-rechtlichen Vertrag ergeben.
Beispiel:
Aus einer straßenrechtlichen Regelung kann sich die Duldungspflicht von Eigentümern und Besitzern von Grundstücken an öffentlichen Straßen ergeben, die unvermeidlichen Einwirkungen von Pflanzungen im Bereich des Straßenkörpers und die Maßnahmen zu ihrer Erhaltung und Ergänzung zu dulden. Diese Pflicht endet erst in besonderen Ausnahmesituationen, die vorliegen, wenn die Bepflanzung im Laufe der Zeit aufgrund natürlichen Wuchses einen Umfang erreicht hat, der entweder zu ernsthaften, nicht anderweitig behebbaren Schäden...