Der Erblasser wird, wenn er sich im Internet bewegt hat, mehrere Nutzerkonten bei unterschiedlichen Online-Anbietern eingerichtet haben. Für die Nutzung einer E-Mail-Adresse oder für Bestellungen bei Onlineversandhändlern hat sich der Erblasser mit seinen persönlichen Daten registriert und ggf. bei kostenpflichtigen Angeboten seine Bankdaten hinterlegt. Hierdurch hat der Erblasser mit dem jeweiligen Anbieter einen Vertrag abgeschlossen. Die Ansprüche und Verbindlichkeiten aus diesen schuldrechtlichen Verträgen gehen grds. mit dem Tod auf den Erben über. Der Erbe tritt in die vertragliche Rechtsstellung mit sämtlichen Rechten und Pflichten ein. Dies hat der BGH im Jahre 2018 bestätigt und die Rechte der Erben gestärkt. Entsprechend geht beim Tod eines Kontoinhabers eines sozialen Netzwerks der Nutzungsvertrag grds. nach § 1922 BGB auf dessen Erben über (BGH ZEV 2018, 582, 583). Dem Zugang zu dem Benutzerkonto und den darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalten stehen weder das postmortale Persönlichkeitsrecht des Erblassers noch das Fernmeldegeheimnis oder das Datenschutzrecht entgegen (BGH ZEV 2018, 582, 583). Im Einzelfall kann die Vererbbarkeit aber vertraglich oder durch das Wesen des Vertrages ausgeschlossen sein. Inwieweit bspw. die Vererbbarkeit eines Kontozugangsrechts durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) ausgeschlossen werden kann, wird unter Ziffer II. dargestellt.
Aktuelle Rechtsprechung: Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat ebenfalls bei der Festsetzung der Berufungsbeschwer zugunsten der Erben entschieden, indem es die Berufungsbeschwer bei einer Verurteilung, den Erben Zugang zu einem Benutzerkonto zu gewähren, auf 200 EUR festgesetzt hat (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 29.10.2020 – 9 U 1/19, BeckRS 2020, 37589). Gemäß § 511 Abs. 2 ZPO ist eine Berufung nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 EUR übersteigt oder das erstinstanzliche Gericht die Berufung im Urteil zulässt. Das OLG Karlsruhe hat den Aufwand an Zeit und Kosten, der zur Gewährung des Zugangs notwendig ist, auf 200 EUR festgesetzt.
„Wehrt sich der Betreiber des sozialen Netzwerks "Facebook" gegen eine Verurteilung, den Erben Zugang zum Benutzerkonto der verstorbenen Tochter zu gewähren, richtet sich die Berufungsbeschwer nach dem voraussichtlichen Aufwand an Zeit und Kosten, der zur Gewährung des Zugangs notwendig ist. Dieser Aufwand übersteigt einen Betrag von 200 EUR regelmäßig nicht.
Eventuelle Geheimhaltungsinteressen Dritter spielen für die Beschwer der vom Landgericht verurteilten Beklagten keine Rolle.
Aus den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils kann sich eine konkludente Entscheidung über die Nichtzulassung der Berufung ergeben, wenn die Beschwer der Beklagten 600 EUR nicht übersteigt. Das gilt auch dann, wenn das Landgericht den – an den Interessen der Kläger orientierten – Streitwert auf 10.000 EUR festgesetzt hat.” (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 29.10.2020 – 9 U 1/19, BeckRS 2020, 37589)