Der hier dargelegte vielschichtige Streit um die Auslegung und damit häufig auch um die Wirksamkeit von Testamenten ist i.d.R. Gegenstand des Erbscheinsverfahrens. Antragsteller sind primär der Erbe oder der Miterbe nach Annahme der Erbschaft. Unter weiteren Voraussetzungen antragsberechtigt sind u.a. der Vorerbe, Nacherbe, Nachlassgläubiger, Testamentsvollstrecker (s. im Einzelnen bei Zimmermann, Erbschein und Erbscheinsverfahren, 2. Aufl. 2008).

Für den Antrag und das Verfahren vor dem Nachlassgericht gelten die §§ 343 ff. FamFG i.V.m. §§ 2353 ff. BGB. Im Zusammenhang mit der Einreichung des stark formalisierten Erbscheinsantrags ist auch die letztwillige Verfügung vorzulegen (Muster zum Erbscheinsantrag s. Tschichoflos in: Handbuch des Fachanwalts für Erbrecht, 6. Aufl. 2015, Kap. 16, S. 1328 ff.).

Hier besteht für die Beteiligten der Vorteil, dass das Nachlassgericht in einem bestimmten Rahmen von Amts wegen den Sachverhalt zu ermitteln hat, §§ 23 ff., 26 FamFG. Der Antragsteller trägt allerdings für die von ihm behauptete Rechtsposition die sog. Feststellungslast. Wenn er seine Erbberechtigung durch ein privatschriftliches Testament darlegen will, hat er eine entsprechende formwirksame Verfügung vorzulegen. Der Antragsteller hat zu begründen, dass er gemäß Testament erbberechtigt ist. Der Erbscheinsantrag ist nicht fristgebunden und kann daher noch nach Jahren gestellt werden. Mit dem erteilten Erbschein kann die Erbberechtigung gegenüber zweifelnden Privatpersonen, Behörden oder Institutionen belegt werden. Wenn der Antragsteller vor dem Nachlassgericht erfolglos ist, hat er das Recht der Beschwerde zum Oberlandesgericht, wenn der Beschwerdewert von 600 EUR überschritten wird. Die Beschwerdefrist beträgt einen Monat gem. § 63 FamFG.

Autor: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erb- und für Familienrecht Ernst Sarres, Düsseldorf

ZAP 6/2015, S. 323 – 332

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge