Im Falle des § 339 S. 1 BGB setzt die Verwirkung der Vertragsstrafe den Verzug des Schuldners und daher mittelbar über § 286 Abs. 4 BGB dessen Verschulden voraus. Dies gilt ebenso für den Unterlassungsanspruch, obwohl der Wortlaut von § 339 S. 2 BGB hier scheinbar nur eine Zuwiderhandlung und kein Verschulden verlangt (BGH-Rechtsprechung seit 1972, vgl. BGH NJW 1972, 1893). Der Schuldner wird also stets von der Verpflichtung zur Zahlung einer Vertragsstrafe frei, wenn er gem. § 286 Abs. 4 BGB nachweisen kann, dass es zu der Zuwiderhandlung aufgrund eines Umstands gekommen ist, den er nicht zu vertreten hat. Diese vom Gesetzgeber vorgesehene Lösung wird durch Vertragsstrafeklauseln unterlaufen, die eine verschuldensunabhängige Haftung vorsehen. Solche Klauseln laufen dem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung zuwider und sind daher als nichtig anzusehen (BGH NJW 1998, 2600, 2600 – Treuhand).
Dem Gläubiger ist also davon abzuraten, eine verschuldensunabhängige Unterwerfung zu fordern, zumal der Schuldner einer solchen Aufforderung ohnehin nicht nachkommen muss. Problematisch können auch Klauseln sein, die sich überhaupt nicht zum Verschulden äußern und insofern der Formulierung des § 339 S. 2 BGB ähneln. Die Frage, wie mit einer solchen "schweigenden" Klausel umzugehen ist, hat der BGH im Treuhand-Urteil (NJW 1998, 2600) ausdrücklich offen gelassen. Zumindest, soweit die Vertragsstrafeklausel "gestellt" wird, sollte der Praktiker das Verschulden ausdrücklich erwähnen. Dies kann erfolgen, indem der Vertragsstrafeanspruch ausdrücklich nur für den Fall der "schuldhaften Zuwiderhandlung" vorgesehen wird. Auch wenn nach Abgabe einer Unterlassungserklärung grundsätzlich strenge Sorgfaltsmaßstäbe gelten, kann es sinnvoll sein, die Beweislast – ebenso wie dies in § 286 Abs. 4 BGB erfolgt – zulasten des Schuldners umzukehren, was wie folgt aussehen könnte:
Zitat
"Der Schuldner verpflichtet sich dazu, für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung aus Ziff. 1 eine Vertragsstrafe i.H.v. 5.100 EUR zu zahlen. Der Schuldner ist nicht zur Zahlung einer Vertragsstrafe verpflichtet, solange die Zuwiderhandlung infolge eines Umstands erfolgt ist, den er nicht zu vertreten hat. Für vorsätzlich begangene Zuwiderhandlungen wird die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs ausgeschlossen."