Beim diesjährigen Jahrespresseempfang des BVerfG Mitte Februar hat Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle insbesondere auf die hohe Belastung seiner Senate durch Asylklagen hingewiesen. Deren Zahl sei auf 399 im vergangenen Jahr gestiegen; in den Vorjahren habe es maximal 123 pro Jahr gegeben.
Sorge bereitet den Verfassungsrichtern, dass mit einem weiteren starken Anstieg der Asylklagen zu rechnen ist. Wegen des hohen Zeitdrucks stellten diese Verfahren eine besondere Belastung für das Verfassungsgericht dar, so Voßkuhle. Hier müssten seine Richter oft binnen weniger Stunden über die Rechtmäßigkeit von Abschiebungen entscheiden. Bisweilen fehlen ihnen dabei wichtige Grundlagen, kritisierte der Gerichtspräsident. So warteten sie beispielsweise seit einem dreiviertel Jahr auf wichtige Informationen vom Auswärtigen Amt zur Lage in Afghanistan.
Dies ist zudem vor dem Hintergrund zu sehen, dass drei der acht Richterposten in den nächsten Monaten neu zu besetzen sind. So wird demnächst nicht nur Vizepräsident Kirchhof die Altersgrenze erreichen, auch bei den Richtern Schluckebier und Eichberger läuft die Amtszeit aus. Dabei stehen gerade in diesem Jahr wichtige Grundsatzentscheidungen an: Karlsruhe muss u.a. über die Verfassungsmäßigkeit der derzeitigen Grundsteuer, die Pflegeversicherung, das Stadionverbot bei Fußballspielen und Fragen zum Prostituiertenschutzgesetz befinden. Außerdem stehen auch noch die Entscheidungen zum Streikverbot für Beamte, zum Kopftuchverbot für Jura-Referendarinnen und zum Verbot geschäftsmäßiger Sterbehilfe zur Entscheidung an.
Eine Neuigkeit, die Voßkuhle zu verkünden hatte, ist das Vorhaben des Gerichts, sich einen eigenen Ethik-Kodex zu geben. Mit dieser Selbstverpflichtung will das höchste deutsche Gericht regeln, wie sich seine Richter vor allem nach ihrem Ausscheiden zu verhalten haben. Konkrete Anlässe für diesen Kodex wurden nicht genannt, doch wird allgemein vermutet, dass es in erster Linie die Nebentätigkeiten und hier insbesondere die gut bezahlten Gutachtertätigkeiten sein dürften, mit der so mancher Verfassungsrichter sein in Karlsruhe gewonnenes Renommee in bare Münze verwandelt hat.
[Red.]