Das – nicht rechtskräftige – Urteil des LG befasst sich mit mehreren Problemen, die meines Wissens so in der Rechtsprechung noch nicht erörtert worden sind.
Klageberechtigung der RAK
Das LG sieht die RAK als klagebefugt an, weil sie zu den antragsberechtigten Stellen i.S.v. § 3 Abs. 1 Nr. 2 UKlaG gehöre. Setzt sich diese Auffassung durch, können Rechtsanwaltskammern von Rechtsanwälten verwendete Honorarbedingungen in Form Allgemeiner Geschäftsbedingungen gerichtlich überprüfen lassen, auch wenn die betreffenden Anwälte nicht Mitglieder ihrer Anwaltskammer sind. Dabei hat das LG auch ausdrücklich festgestellt, dass die RAK nicht auf berufsrechtliche Maßnahmen beschränkt ist.
Hinweis:
Solche berufsrechtlichen Maßnahmen waren hier der RAK gegenüber dem Inhaber der beklagten Anwaltskanzlei auch nicht möglich, weil der Vorstand der RAK gem. § 73 Abs. 1 Nr. 4 BRAO Befugnisse nur gegenüber Mitgliedern der entsprechenden Kammer hat. Selbst wenn in der Verwendung unzulässiger Mandatsbedingungen in Form von AGB eine Verletzung allgemeiner Berufspflichten i.S.v. §§ 43 ff. BRAO liegen sollte, käme deshalb ein Eingreifen des Vorstands der RAK gegenüber dem Inhaber der beklagten Anwaltskanzlei nicht in Betracht. Außerdem kann der Vorstand der RAK nur Pflichtverletzungen im Einzelfall verfolgen. Eine Überprüfung der Honorarbedingungen insgesamt kann somit im Rahmen berufsrechtlicher Maßnahmen nicht vorgenommen werden.
Inhaltskontrolle der Mandatsbedingungen
Das LG hat die meisten der von der RAK beanstandeten Mandatsbedingungen im Wege der Inhaltskontrolle als unwirksam angesehen. Es bleibt abzuwarten, ob dies der rechtlichen Beurteilung durch das Berufungsgericht und ggf. durch den BGH standhält. Hier soll nur kurz zu einigen der beanstandeten Regelungen Stellung genommen werden.
Zeittaktklausel
Die Frage, ob Zeittaktklauseln im Rahmen von Vergütungsvereinbarungen zulässig sind, wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt. Das AG Hamburg (AGS 2001, 81) hat ohne jegliche Problematisierung die Vereinbarung einer Zeittaktklausel von 30 Minuten nicht beanstandet. Das OLG Düsseldorf (RVGreport 2006, 420 [Hansens] = AGS 2006, 530) hat demgegenüber die formularmäßige Vereinbarung einer Zeittaktklausel von 15 Minuten wegen unangemessener Benachteiligung des Mandanten als Verstoß gegen § 9 AGBG (jetzt § 307 BGB) angesehen. Diese Auffassung hat das OLG Düsseldorf später bestätigt (RVGreport 2012, 23 [Burhoff] = AGS 2011, 578). Das OLG Düsseldorf hat in einer weiteren Entscheidung (AGS 2011, 366) die Regelung in einer Vergütungsvereinbarung als wirksam angesehen, die vorsieht, dass nur die letzte pro Tag angefangene Viertelstunde bei der Zeithonorarabrechnung aufgerundet wird. Demgegenüber hält das OLG Schleswig (RVGreport 2009, 179 [Hansens]) die Vereinbarung einer Zeittaktklausel von 15 Minuten für wirksam.
Auch die Literatur hat sich mit dieser Frage befasst (s. etwa Hansens RVGreport 2009, 164 ff. und Schons BRAK-Mitt. 2010, 52). Die Zulässigkeit einer Zeittaktklausel von 15 Minuten war zwar auch Gegenstand einer Entscheidung des BGH (AGS 2011, 9 m. Anm. Schons). Eine Sachentscheidung hatte der BGH jedoch deshalb nicht getroffen, weil er insoweit sachliche Feststellungen des Berufungsgerichts vermisst hatte. Der BGH hat deshalb keine tragfähigen Anhaltspunkte dafür gesehen, dass die Berechnung des Anwalts tatsächlich auf einer Aufrundung des Zeithonorars beruhte, so dass es auf die Wirksamkeit der Zeittaktklausel im entschiedenen Fall nicht ankam.
Praxishinweis:
Da die Frage der Zulässigkeit von Zeittaktklauseln höchstrichterlich noch nicht geklärt ist, sollten die Rechtsanwälte damit sorgsam umgehen. Auf der sicheren Seite befindet sich der Anwalt, der mit dem Mandanten eine minutengerechte Abrechnung vereinbart.
Unangemessen hohes vereinbartes Honorar
Gemäß § 3a Abs. 2 S. 1 RVG kann eine vereinbarte Vergütung oder eine für den Erfolgsfall vereinbarte Vergütung im Rechtsstreit auf den angemessenen Betrag bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühren herabgesetzt werden, wenn die vereinbarte Vergütung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls unangemessen hoch ist. Nach der Rechtsprechung des BGH besteht eine Vermutung dafür, dass die vereinbarte Vergütung unangemessen hoch ist, wenn das vereinbarte Honorar die gesetzlichen Gebühren um mehr als das Fünffache übersteigt (BGH AGS 2005, 378 = AnwBl 2005, 582; BGH AGS 2009, 430 jeweils für die Honorarvereinbarung eines Strafverteidigers; BGH RVGreport 2017, 92 [Hansens] = zfs 2017, 167 m. Anm. Hansens = AGS 2017, 63 für die Honorarvereinbarung für zivilrechtliche Streitigkeiten und auch zu den Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit eines vereinbarten Honorars).
Diese Vermutung führt dazu, dass der Anwalt bei Überschreitung dieser Grenze im Einzelfall darlegen und beweisen muss, dass und in welchem Umfang das vereinbarte Honorar für das konkrete Mandat angemessen ist. Die vom LG überprüften Honorarbedingungen der beklagten Anwaltskanzlei tragen dieser Rechtsprechung weitgehend Rechn...