Bei der Kapitalgesellschaftsbesteuerung gilt das sog. Trennungsprinzip, mit der Konsequenz, dass auch Verträge zwischen der Kapitalgesellschaft als selbstständigem Rechtssubjekt und ihren Gesellschaftern steuerrechtlich grds. vollumfänglich anerkannt werden. Eine Grenze findet diese steuerrechtliche Anerkennung dort, wo die Verträge nicht dem entsprechen, was unter fremden Dritten üblich ist. Für diese Konstellationen kennt das Körperschaftsteuerrecht die Begriffe "verdeckte Gewinnausschüttung" und "verdeckte Einlage". "Verdeckt" deshalb, weil das zugrunde liegende Rechtsgeschäft in Wahrheit eine Gewinnausschüttung bzw. Einlage verdeckt. Für die Ermittlung des Einkommens der Gesellschaft ist es nämlich ohne Bedeutung, ob das Einkommen verteilt wird (§ 8 Abs. 3 S. 1 KStG). Verdeckte Gewinnausschüttungen mindern deshalb das Einkommen der Körperschaft nicht, verdeckte Einlagen erhöhen es nicht.
1. Verdeckte Gewinnausschüttung (vGA)
Eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) i.S.d. Körperschaftsteuerrechts ist eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags gem. § 4 Abs. 1 S. 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und nicht auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss beruht (BFH, Urt. v. 22.2.1989 – I R 98/86, BStBl II 1989, 475). Nach der Rechtsprechung des BFH muss diese außerdem durch Organe der Gesellschaft verursacht werden und geeignet sein, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG auszulösen (vgl. BFH, Urt. v. 7.8.2002 – I R 2/02, BStBl II 2004, 131).
Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ist dann gegeben, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter die Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung gegenüber einer Person, die nicht Gesellschafter ist, unter sonst gleichen Umständen nicht hingenommen hätte. Nach der umfangreichen Rechtsprechung des BFH sind grds. zwei Gruppen der vGA zu unterscheiden (vgl. BFH, Urt. v. 8.11.1989 – I R 88/85, BStBl II 1990, 244):
a) |
Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter hätte eine solche Zuwendung nicht gemacht. |
b) |
Es liegen keine im Voraus getroffenen klaren und eindeutigen Vereinbarungen der Kapitalgesellschaft mit ihrem beherrschenden Gesellschafter vor. |
Der Fremdvergleich gehört als Unterprinzip zum Veranlassungsprinzip. Die Denkfigur des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters ist jedoch nicht der alleinige Maßstab, wenn es sich um Vereinbarungen handelt, die ausschließlich mit dem Gesellschafter getroffen werden können, und keine Vergleichsmöglichkeiten mit Dritten bestehen, d.h. die per se die "societatis causa" zum Inhalt haben (BFH, Urt. v. 17.4.1984 – I R 22/79, BStBl II 1985, 69; Janssen, Verdeckte Gewinnausschüttung, 12. Aufl. 2017, Rn 5250). In diesem Fall ist im Rahmen eines außerbetrieblichen Vergleichs darauf abzustellen, was andere Firmen derselben Branche in derselben Situation ihren Gesellschaftern gegenüber aufwenden. Beispielsweise werden die Zuführungen zur Pensionsrückstellung in voller Höhe als verdeckte Gewinnausschüttungen betrachtet, wenn die Gesellschaft ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer nur eine Pension, aber kein Bargehalt zusagt (vgl. Unzulässigkeit der "Nur-Pension", BFH, Urt. v. 17.5.1995 – I R 147/93, BStBl II 1996, 204).
Ein Sonderfall ergibt sich beim sog. beherrschenden Gesellschafter. Zahlungen an einen Gesellschafter mit beherrschendem Einfluss auf die Kapitalgesellschaft sind unabhängig von der Angemessenheit vGA, wenn die Zahlungen nicht von Anfang an klar und eindeutig vereinbart worden sind, da der Gesellschafter mittels seines beherrschenden Einflusses die Möglichkeit hat, für seine Leistung an die Kapitalgesellschaft einen gesellschaftsrechtlichen oder schuldrechtlichen Ausgleich zu suchen (BFH, Urt. v. 2.3.1988 – I R 63/82, BStBl II 1988, 590). Wegen des fehlenden Interessengegensatzes bestünde sonst die Möglichkeit, den Gewinn so zu beeinflussen, wie es bei Gesamtbetrachtung der Einkommen der Kapitalgesellschaft und des Gesellschafters jeweils am günstigsten wäre (BFH, Urt. v. 14.3.1989 – I R 8/85, BStBl II 1989, 633). Problematisch sind insb. mündlich abgeschlossene Vereinbarungen (vgl. BFH, Urt. v. 12.4.1989 – I R 142-143/85, BStBl II 1989, 636; Urt. v. 24.1.1990 – I R 157/86, BStBl II 1990, 645). Beherrschende Stellung (maßgebend: Vertragsabschluss) setzt mehr als 50 % der Stimmrechte voraus. Bei einer Beteiligung unter 50 % kann unter besonderen Umständen, z.B. wegen gleichgerichteter Interessen mehrerer gemeinsam handelnder Personen, eine Nachzahlung ebenfalls als vGA angesehen werden. Ehegattenbeteiligungen dürfen nicht ohne Weiteres zusammengerechnet werden (BVerfG, Beschl. v. 12.3.1985 – 1 BvR 571/81, 1 BvR 494/82, 1 BvR 47/83, BStBl II 1985, 475).
Eine vGA ist auch dann anzunehmen, wenn die Vorteilsziehung nicht unmittelbar durch den Gesellschafter, sondern durch eine ihm nahestehende Person erfolgt. Voraussetzung...