Mit dem Kostenrechtsänderungsgesetz hat der Gesetzgeber klargestellt, dass in allen Fällen, in denen dem Rechtsanwalt eine Einigungs- oder Erledigungsgebühr zusteht, auch bei einem privatschriftlichen Vergleich, die fiktive Terminsgebühr entsteht, wenn diese Einigung oder Erledigung in einem Verfahren erfolgt, für welches die mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist (vgl. BT-Drucks 19/23484, S. 84).
In der ordentlichen Gerichtsbarkeit war bisher anerkannt, dass für den Anfall der Terminsgebühr auch ohne Terminswahrnehmung ein privatschriftlicher Vergleich genügt und eine gerichtliche Protokollierung oder eine Feststellung nach § 278 Abs. 6 ZPO nicht erforderlich ist. Dies hat der BGH zuletzt bestätigt:
Weiterhin hat der BGH in seinem Beschluss klargestellt, dass eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG auch auf einen schriftlichen Vergleich im einstweiligen Verfügungsverfahren anwendbar ist, da hier der Grundsatz der Mündlichkeit gilt, § 128 Abs. 1 ZPO.
Zitat
„(...) Richtig ist zwar, dass eine mündliche Verhandlung dann nicht „vorgeschrieben” i.S.d. Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 RVG VV ist, wenn das Gericht nach seinem Ermessen aufgrund mündlicher Verhandlung durch Urteil oder ohne eine solche durch Beschluss entscheiden kann. Ein solches Ermessen ist dem Gericht im einstweiligen Verfügungsverfahren aber grds. nicht eingeräumt. Anders als beim Arrest, der gem. § 922 Abs. 1 ZPO aufgrund freigestellter mündlicher Verhandlung ergeht, gilt im einstweiligen Verfügungsverfahren der Grundsatz der Mündlichkeit gem. § 128 Abs. 1 ZPO. Die Regelung des § 922 Abs. 1 S. 1 ZPO, die dem Gericht ein Ermessen zwischen Urteils- und Beschlussverfahren lässt, ist im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht anwendbar. Die Verweisung des § 936 ZPO auf die Arrestvorschriften wird insoweit durch die Regelung des § 937 Abs. 2 ZPO verdrängt. (...),” (BGH, Beschl. v. 7.5.2020 – V ZB 110/19, NJW 2020, 2474 ff.).
Insbesondere in der Sozialgerichtsbarkeit, aber zum Teil auch in der Verwaltungsgerichtsbarkeit wurde die Auffassung vertreten, dass für den Anfall einer Terminsgebühr bei dem Abschluss eines schriftlichen Vergleichs erforderlich sei, dass der Vergleich unter Mitwirkung oder auf Veranlassung des Gerichts geschlossen wird (vgl. LSG NRW, Beschl. v. 11.3.2015 – L 9 AL 277/14 B, NZS 2015, 560).
Die unterschiedliche Handhabung in den Gerichtsbarkeiten wird durch die Neufassung von Nr. 3104 und 3106 VV RVG beendet. Beispielweise heißt es in Nr. 3104 VV RVG seit dem 1.1.2021:
Zitat
„(1) Die Gebühr entsteht auch, wenn
1. in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien oder Beteiligten oder gem. § 307 oder § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden oder in einem solchen Verfahren mit oder ohne Mitwirkung des Gerichts ein Vertrag i.S.d. Nr. 1000 geschlossen wird oder eine Erledigung der Rechtssache i.S.d. Nr. 1002 eingetreten ist,” (BGBl I. S. 3249).
Bereits vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung hat das OVG Berlin-Brandenburg unter Bezugnahme auf die Gesetzesbegründung zum Kostenrechtsänderungsgesetzes seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben und der Beschwerde eines Erinnerungsführers stattgeben, wodurch in dem Fall eine Terminsgebühr entstand (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 30.11.2020 – OVG 6 K 60/20).