Im Fall des BGH hatten die Prozessbevollmächtiget in ihrer Zahlungsaufforderung vom 13.11.2018 u.a. ausgeführt, dass Klage erhoben werde, falls innerhalb der gesetzten Frist keine Zahlung oder kein angemessenes Vergleichsangebot eingehe. Das OLG Karlsruhe hatte dies als Indiz gegen die Behauptung angesehen, den Rechtsanwälten des Klägers sei zunächst nur ein Mandat zur außergerichtlichen Vertretung oder nur ein bedingter Prozessauftrag erteilt worden. Der BGH hat diese Würdigung als rechtsfehlerfrei angesehen.
Ob dies richtig ist, ist fraglich. Zum einen kann aus einer Klageandrohung nicht zwingend gefolgert werden, dass dieser auch ein entsprechender – unbedingter – Prozessauftrag zugrunde liegt. Zum zweiten ist damit auch nicht gesagt, dass gerade den außergerichtlich tätigen Anwälten ein unbedingter Prozessauftrag erteilt worden ist. Es kommt zwar nicht häufig, aber doch gelegentlich vor, dass der Mandant für die spätere Prozessführung andere Rechtsanwälte ausgewählt hat als für die vorgerichtliche Vertretung. Zum dritten spricht gerade das vom BGH hier zum Beleg seiner Auffassung herangezogene Urteil des Senats v. 1.10.1968 – VI ZR 159/67, NJW 1968, 2334 gegen die Richtigkeit der Würdigung des OLG Karlsruhe. Dort führt der Senat unter I.2., juris Rn 14 aus:
Zitat
"Entscheidend für die Frage, ob der Rechtsanwalt von seinem Mandanten in Höhe der vor Klageerhebung gezahlten Beträge nur eine halbe Prozessgebühr (§ 32 BRAGebO) oder eine Geschäfts- und eine Besprechungsgebühr (§ 118 BRAGebO), mindestens also zwei halbe Gebühren, fordern kann, ist somit der Inhalt des Auftrages, wie ihn der Mandant im jeweiligen Fall seinem Rechtsanwalt erteilt hat (BGHZ 48, 336; Gerold/Schmidt, BRAGebO 3. Aufl. Rn 5 vor § 118). Daher ist es nicht entscheidend, ob etwa der Rechtsanwalt bei dem Gegner, mit dem er verhandelte, den Eindruck erweckt hat, er sei bereits beauftragt, Klage zu erheben, und ob er gar mit Klageerhebung gedroht hat. Dieser Umstand ist lediglich ein Indiz für die Beantwortung der Frage, ob die dem Anwalt erteilte Vollmacht schon eine Prozess-Vollmacht war."
Die Entscheidung des BGH v. 1.10.1968 befasst sich somit lediglich mit der Indizwirkung im Hinblick auf die dem Anwalt erteilte Vollmacht, auf die es für die Frage, ob dem Anwalt eine Geschäftsgebühr angefallen ist, gar nicht ankommt (s. nachfolgend unter d)) Das OLG Karlsruhe, und dem folgend der BGH, hat diese Indizwirkung jedoch auf den Inhalt des den Prozessbevollmächtigten erteilten Auftrags erstreckt. Für den Inhalt des Auftrags kommt es jedoch, nach den vorstehend wörtlich wiedergegeben Ausführungen des BGH im Urt. v. 1.10 1968, auf die Formulierungen im Aufforderungsschreiben gar nicht an.