Die durchschnittliche Verfahrensdauer beim Bundesarbeitsgericht ist im vergangenen Jahr deutlich angestiegen; sie betrug neun Monate und sechs Tage gegenüber fünf Monaten und vier Tagen im Jahr zuvor. Das berichtete die Präsidentin des Gerichts, Inken Gallner, auf der diesjährigen Jahrespressekonferenz im Februar.
Gestiegen – um fast 10 % – ist gegenüber dem Vorjahr allerdings auch die Zahl der Neueingänge, wie die Präsidentin weiter schilderte. Danach gingen im Geschäftsjahr 2023 insgesamt 1.391 Sachen ein (Vorjahr: 1.266 Sachen). 23,72 % der Eingänge (330 Sachen) betrafen Revisionen und Rechtsbeschwerden im Beschlussverfahren. Weitere 70,09 % der Eingänge entfielen auf Nichtzulassungsbeschwerden (975 Sachen). Hinsichtlich der Revisionen und Rechtsbeschwerden im Beschlussverfahren bedeutet dies einen Rückgang um 69 Sachen bzw. 17,29 % (Vorjahr: 399 Sachen); hingegen hat sich die Zahl der Nichtzulassungsbeschwerden gegenüber dem Vorjahr um 174 Verfahren bzw. 21,72 % erhöht (Vorjahr: 801 Sachen).
Von den entschiedenen bzw. sonst erledigten Revisionen und Rechtsbeschwerden hatten unter Berücksichtigung der Zurückverweisungen 114 Erfolg; das entspricht einer Erfolgsquote von rund 19 %. Von den Nichtzulassungsbeschwerden waren hingegen nur knapp 5 % (40 Beschwerden) erfolgreich. Insgesamt sind im Jahr 2023 1.503 Sachen erledigt worden – damit überstieg die Zahl der Erledigungen die der Eingänge um 112 Verfahren.
Wie die Präsidentin weiter feststellte, wird das Arbeitsrecht in Deutschland zunehmend von EU-Recht „überformt”. Dies habe sich auch im zurückliegenden Jahr wieder gezeigt. Beispielhaft nannte sie die Regelungen zur Entgeltgleichheit bei Männern und Frauen, die maßgeblich auf Unionsrecht beruhten. So habe etwa der Achte Senat im vergangenen Jahr einen Verstoß gegen das Gebot der Gleichbehandlung bei der Vergütung von Männern und Frauen zu entscheiden gehabt (8 AZR 450/21). Als weitere Beispiele nannte Frau Gallner Kündigungen im Zusammenhang mit Kirchenaustritten und das Recht der Massenentlassung.
Diese unionsrechtliche Durchdringung des Arbeitsrechts führt dazu, dass sich das BAG auch immer häufiger mit Anfragen an den EuGH wendet, berichtete die Präsidentin weiter. Darin sieht sie auch ein Zeichen von Hoffnung für die Rechtsstaatlichkeit und die europäische Rechtsgemeinschaft, denn die Zusammenarbeit der Gerichte in Europa intensiviere sich dadurch. Diese Zusammenarbeit der Gerichtshöfe in der Union möchte das BAG weiter stärken; geplant ist u.a. ein weiteres Europarechtliches Symposion im Juni am Sitz des Gerichts in Erfurt – passend zum 70. Geburtstag des BAG.
[Quelle: BAG]