Die Rückfestsetzung von Kosten kommt in der Praxis verhältnismäßig selten vor, obwohl die hierfür erforderlichen Voraussetzungen, nämlich die Abänderung oder Aufhebung einer Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren, doch häufiger vorliegen dürften. Dabei treten bei der Rückfestsetzung manchmal praktische Probleme auf, wie der nachfolgende Fall aus der Praxis belegt.
1. Sachverhalt
Der Kläger hat vor dem LG Berlin Zahlungsklage über 22.000 EUR erhoben. Nach streitiger mündlicher Verhandlung hat das LG Berlin die Klage auf Kosten des Klägers durch Urteil vom 9.4.2014 abgewiesen. Mit seinem am 8.5.2014 beim LG eingegangenen Kostenfestsetzungsantrag vom Vortag beantragte der nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte Beklagte die Festsetzung seiner außergerichtlichen Kosten i.H.v. 2.231,25 EUR. Der Rechtspfleger des LG gab diesem Kostenfestsetzungsantrag durch Kostenfestsetzungsbeschluss vom 5.6.2014 statt und ordnete antragsgemäß auch die Verzinsung des Erstattungsbetrags gem. § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO ab 8.5.2014 an. Der Kläger zahlte an den Beklagten am 20.6.2014 einen Teilbetrag von 2.000 EUR nebst den Zinsen auf den Gesamtbetrag. Wegen der Restforderung i.H.v. 231,25 EUR rechnet der Kläger mit einer gleichhohen Gegenforderung aus einem anderen Rechtsverhältnis auf. Auf die Berufung des Klägers hat das Kammergericht (KG) nach streitiger mündlicher Verhandlung durch Urt. v. 2.7.2015 das erstinstanzliche Urteil abgeändert. Danach gab das KG der Klage in vollem Umfang statt und erlegte dem Beklagten die Kosten beider Rechtszüge auf. Nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils beantragte der nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte Kläger die Festsetzung seiner außergerichtlichen und gerichtlichen Kosten beider Rechtszüge gegen den Beklagten. Ferner beantragte der Kläger die Rückfestsetzung des in dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 5.6.2014 titulierten Erstattungsbetrags von 2.231,25 EUR zzgl. der hierauf gezahlten Zinsen. Schließlich beantragte der Kläger, in beiden Fällen die Verzinsung gem. § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO ab Anbringung des Antrags auszusprechen. Der vom Rechtspfleger hierzu gehörte Beklagte äußerte sich zu den beiden Festsetzungsanträgen nicht. Es soll untersucht werden, ob und ggf. in welchem Umfang den Anträgen des Klägers entsprochen wird.
2. Kostenfestsetzungsantrag des Klägers
Der Beklagte hat nach der Kostenentscheidung im Urteil des Kammergerichts vom 2.7.2015 dem Kläger die Kosten beider Rechtszüge zu erstatten. Hierzu gehören gem. § 91 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 1 ZPO die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Prozessbevollmächtigten des Klägers sowie gem. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO die vom Kläger gezahlten Gerichtskosten.
Der Erstattungsanspruch des Klägers gegen den Beklagten insoweit berechnet sich wie folgt.
a) Kosten der 1. Instanz
Dem Prozessbevollmächtigten des Klägers ist jedenfalls für das Einreichen der Klageschrift die 1,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG angefallen (s. Nr. 3101 Nr. 1 VV RVG). Die Wahrnehmung des Verhandlungstermins vor dem LG Berlin hat nach Nr. 3104 VV RVG die 1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG ausgelöst. Ferner hat der Kläger an die Kosteneinziehungsstelle der Justiz die 3,0 Verfahrensgebühr nach Nr. 1210 GKG KostVerz. gezahlt, da vorher seine Klage nicht zugestellt worden wäre (s. § 12 Abs. 1 S. 1 GKG).
Die erstattungsfähigen Kosten des Klägers für die erste Instanz berechnen sich somit wie folgt:
1. |
1,3 Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG (Wert: 22.000 EUR) |
964,60 EUR |
2. |
1,2 Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG (Wert: 22.000 EUR) |
890,40 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG |
20,00 EUR |
|
Zwischensumme: |
1.875,00 EUR |
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG |
+ 356,25 EUR |
|
Summe: |
2.231,25 EUR |
3,0 Verfahrensgebühr, Nr. 1210 GKG KostVerz. (Wert: 22.000 EUR) |
1.035,00 EUR |
Insgesamt somit: |
3.266,25 EUR |
b) Kosten der 2. Instanz
Das Einreichen der Berufungsschrift hat für den Prozessbevollmächtigten des Klägers die 1,6 Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV RVG ausgelöst (s. Abs. 1 Nr. 1 der Anm. zu Nr. 3201 VV RVG). Ferner ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers für die Wahrnehmung des Verhandlungstermins vor dem Zivilsenat des KG die 1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3202 VV RVG angefallen.
Für die 4,0 Verfahrensgebühr nach Nr. 1212 GKG KostVerz. war der Kläger zwar nicht vorauszahlungspflichtig. Der Kläger hat jedoch die ins Soll gestellte Verfahrensgebühr umgehend nach Erhalt der Kostenrechnung der Kosteneinziehungsstelle gezahlt.
Somit errechnen sich die erstattungsfähigen Kosten des Klägers im Berufungsrechtszug wie folgt:
1. |
1,6 Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV RVG (Wert: 22.000 EUR) |
1.187,20 EUR |
2. |
1,2 Terminsgebühr, Nr. 3202 VV RVG (Wert: 22.000 EUR) |
890,40 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG |
20,00 EUR |
|
Zwischensumme: |
2.097,60 EUR |
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG |
+ 398,54 EUR |
|
Summe: |
2.496,14 EUR |
4,0 Verfahrensgebühr, Nr. 1212 GKG KostVerz. (Wert: 22.000 EUR) |
1.380,00 EUR |
Insgesamt somit: |
3.876,14 EUR |
Der Kläger kann somit von dem Beklagten für beide Instanzen insgesamt 7.142,39 EUR erstattet verlang...