Nach Nr. 3106 VV RVG fällt in Verfahren vor den Sozialgerichten, in denen Betragsrahmengebühren entstehen, die Terminsgebühr mit einem Gebührenrahmen von 50–510 EUR (Mittelgebühr: 280 EUR) an. Nach Satz 1 Nr. 1 der Anm. zu Nr. 3106 VV RVG entsteht die Terminsgebühr auch, wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien ohne mündliche Verhandlung entschieden wird.
1. Gebührenhöhe
Nach Satz 2 der Anm. zu Nr. 3106 VV RVG beträgt in einem solchen Fall die Terminsgebühr 90 % der in derselben Angelegenheit dem Rechtsanwalt zustehenden Verfahrensgebühr. Dabei bleibt eine etwaige Gebührenerhöhung für die Vertretung mehrerer Auftraggeber nach Nr. 1008 VV RVG unberücksichtigt.
Mit dieser durch das 2. KostRMoG eingeführten Regelung hat der Gesetzgeber – abweichend vom bisherigen Recht – die Terminsgebühr in den Fällen ohne mündliche Verhandlung auf 90 % der Verfahrensgebühr bemessen. Der Gesetzgeber hat diese Neuregelung damit begründet, es komme – anders als es die Rechtsprechung zuvor gesehen hatte – eben nicht auf Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit an. Vielmehr komme es bei der "fiktiven" Terminsgebühr darauf an, "dem Anwalt das gebührenrechtliche Interesse an der Durchführung eines Termins zu nehmen. Die Höhe der zu erwartenden Terminsgebühr wird häufig von Umfang und Schwierigkeit der Angelegenheit abhängen. Daher scheint eine Anknüpfung an die Höhe der Verfahrensgebühr sachgerecht." (BT-Drucks 17/11471 (neu), S. 276). Damit entspricht die Zubilligung einer Terminsgebühr i.H.v. 90 % der Verfahrensgebühr etwa auch dem Verhältnis der Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG in sozialgerichtlichen Verfahren mit Betragsrahmengebühren (Mittelgebühr: 300 EUR) und der "normalen" Terminsgebühr in diesen Verfahren (Mittelgebühr: 280 EUR). 90 % von 300 EUR machen dann mit 270 EUR etwas weniger als diese Mittelgebühr aus. In Angelegenheiten, in denen sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert berechnen, fällt nach Nr. 3100 VV RVG eine 1,3 Verfahrensgebühr und nach Nr. 3104 VV RVG eine 1,2 Terminsgebühr an. Das Verhältnis dieser Gebühren untereinander entspricht (leicht aufgerundet) ebenfalls einem Anteil der Terminsgebühr von 90 %.
2. Praktische Auswirkungen
Die Anknüpfung in Satz 2 der Anm. zu Nr. 3106 VV RVG an die den betreffenden Anwalt in dieser Angelegenheit angefallene Verfahrensgebühr führt automatisch zu einer höheren Terminsgebühr nach Satz 1 Nr. 1 der Anm. zu Nr. 3106 VV RVG, wenn unter Berücksichtigung aller Umstände i.S.v. § 14 Abs. 1 RVG bei der Verfahrensgebühr die Mittelgebühr überschritten wird oder sogar die Höchstgebühr von 550 EUR erreicht wird. Umgekehrt fällt ein entsprechend geringerer Gebührenbetrag für die Terminsgebühr an, wenn unter Berücksichtigung der Umstände des § 14 Abs. 1 RVG die Berechnung einer unterhalb der Mittelgebühr liegenden Verfahrensgebühr angemessen ist.
Das SG Fulda (RVGreport 2016, 104 [Hansens] hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass Bezugsgröße für die Berechnung der Terminsgebühr die Verfahrensgebühr ist, die gerade dem Rechtsanwalt zusteht, der diese Terminsgebühr für sich in Anspruch nimmt. Dies gelte auch dann, wenn der Anwalt infolge der Aufhebung der Beiordnung eines früheren Bevollmächtigten erst in einem späteren Zeitpunkt in das Verfahren eintritt und die ihm am Maßstab des § 14 Abs. 1 RVG zustehende Verfahrensgebühr von vornherein nicht den Umfang des gesamten Verfahrens abbildet. In jenem Fall hatte das SG Fulda den betreffenden Anwalt erst während des Rechtsstreits beigeordnet, nachdem es die Beiordnung des Voranwalts, der bereits die Klagebegründung gefertigt hatte, aufgehoben hat. Somit stand dem zweiten Anwalt angesichts des beschränkten Zeitraums seiner Beiordnung eine Verfahrensgebühr nur unterhalb der Mittelgebühr zu. Dies hatte hier zur Folge, dass Bezugsgröße für die Terminsgebühr nur diese verhältnismäßig geringe Verfahrensgebühr war.
Der betreffende Rechtsanwalt hatte demgegenüber argumentiert, es sei fiktiv auf die im "Normalfall" anzusetzende Verfahrensgebühr abzustellen, mithin auf die Mittelgebühr i.H.v. 300 EUR. Dem hat das SG Fulda widersprochen, weil bereits der Gesetzeswortlaut auf die dem Rechtsanwalt in derselben Angelegenheit konkret zustehende Verfahrensgebühr anknüpfe.
Hinweis:
Die Argumentation des SG Fulda hat etwas für sich. Der Rechtsanwalt, der eine an die Höhe der Verfahrensgebühr anknüpfende Terminsgebühr geltend macht, sollte deshalb sämtliche Argumente vortragen, die für eine möglichst hohe Verfahrensgebühr sprechen. Auch wenn ein Rechtsanwalt erst im Laufe des Gerichtsverfahrens beigeordnet wird, muss dies nicht zwingend zu einer wesentlich unterhalb der Mittelgebühr liegenden Verfahrensgebühr führen. Selbst wenn die Klageschrift noch vom Voranwalt gefertigt und eingereicht worden ist und der Aufwand für den nunmehr beigeordneten Anwalt entfällt, muss sich der neu bestellte Anwalt erst einmal in das von dem Voranwalt begonnene Verfahren einarbeiten. Je nach Sach- und Rechtslage muss dies nicht zwingend einf...