Die lebenslange Freiheitsstrafe solle abgeschafft werden. Zudem müsse der Gesetzgeber den Vollzug der Freiheitsstrafen auf ein Mindestmaß reduzieren. Dies sind zwei der Beschlüsse, die auf dem 42. Strafverteidigertag Anfang März in Münster gefasst wurden.
Rund 800 Strafverteidiger waren zusammengekommen, um unter dem Motto Räume der Unfreiheit“ über den Reformbedarf im Straf-, Strafprozess- und Strafvollzugsrecht zu diskutieren. Das Motto der Veranstaltung bezog sich vordergründig auf den Strafvollzug in Vollzugsanstalten, spielte aber auch auf den Begriff des Raums der Freiheit“ an, der Ende der 90er Jahre in der politischen Debatte eine Rolle spielte.
Der Freiheitsstrafe in ihrer heutigen Form und Ausgestaltung sei kein gutes Zeugnis auszustellen, stellten die Strafverteidiger auf ihrer diesjährigen Tagung fest. Sie mindere die soziale Anschlussfähigkeit und die Integrationschancen der Bestraften und eine Resozialisierung als eigentliches Vollzugsziel finde in der Praxis nur selten statt. Nach Verbüßung der Freiheitsstrafe würden rund 50 % der Erwachsenen und 70 % der Jugendlichen und Heranwachsenden rückfällig. Unter den Gefangenen sei eine zunehmende Zahl psychischer Erkrankungen zu beobachten, die – unabhängig von der ohnehin schon schlechten medizinischen Versorgung – regelmäßig unbehandelt blieben. Gewalt unter Gefangenen sei Alltag, die Suizidrate sei ca. zwölfmal so hoch wie im Durchschnitt der Bevölkerung. Hinzu kämen soziale Verrohung und Vereinsamung. Eine der Arbeitsgruppen stand denn auch unter dem Thema Die Haftanstalt als gefährlicher Ort“.
Die Strafverteidiger fordern deshalb u.a. eine Reform, die eine Vermeidung der Vollstreckung kurzer Freiheitsstrafen, die Abschaffung der Ersatzfreiheitsstrafe sowie die Stärkung der Verwarnung mit Strafvorbehalt zum Ziel haben müsse. Bei Ersttätern solle generell eine Halbstrafentlassung stattfinden. Die lebenslange Freiheitsstrafe gehöre abgeschafft. Sie komme einer Vernichtungsstrafe gleich, die in ihrer Absolutheit einen Fremdkörper im System des Strafzumessungsrechts darstelle. Sie finde keine rechtspolitische oder kriminologische Rechtfertigung und zerstöre die Verurteilten eher, als auf ein Leben ohne Straftaten nach Verbüßung des Freiheitsentzugs vorzubereiten.
Weitere Ergebnisse des 42. Strafverteidigertags sind auf der Webseite blog.burhoff.de (Schlagwort: 42. StV-Tag – Ergebnisse) abrufbar.
[Red.]